Dystopien – also düstere Science-Fiction meist nach einer globalen Katastrophe spielend – sind der neue Zeitroman. Sehr viele aktuelle Bücher spielen in einer Zukunft, die so fern nicht scheint, die wir aber nicht erleben wollen. So auch der neue Roman von C Pam Zhang, dessen Titel „Wo Milch und Honig fließen“ eher das Gegenteil vermuten ließ. Denn wir befinden uns da in einer Welt, die nach einem Supergau in der Landwirtschaft, von einer Smogwolke bedeckt ist. Nur noch sehr genügsame Pflanzen wachsen in der dunklen Atmosphäre, die Menschen ernähren sich hauptsächlich von Mungomehl, einer grauen Pappe.
Eine junge, amerikanische Köchin heuert – gestrandet in Europa nach dem Einreiseverbot in die USA – bei einer Forschungsgruppe um einen geheimnisvollen Millionär auf einem Berg nahe Mailand an, weil sie schon seit Monaten kein frisches Grün mehr essen konnte. Denn oben im Gebirge ist man über dem Smog – die Wissenschaftler züchten alles, was es auf der Erde schon lange nicht mehr gibt. Mehr noch – der reiche Betreiber der Kolonie ist von seinen noch reicheren Sponsoren abhängig, denen er jede Woche ein opulentes Menü aus exquisiten Lebensmitteln servieren muss. Die Köchin ist zwar weit nicht so gut wie sie behauptet hat, sie hat jedoch einen wichtigen Bonus: sie sieht der verschwundenen asiatischen Frau des Magnaten ähnlich und soll sich bei den Dines im Seidenkleid als seine Frau ausgeben. Aber weil sie sich in dessen Tochter, einer exzentrischen Forscherin, verliebt, bleibt sie vorerst im „Land, wo Milch und Honig fließen“.
C Pam Zhang, 1990 in Peking geboren, wuchs in den USA auf und wurde 2020 mit ihrem Debütroman, den fulminanten Western „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ berühmt. Ihr neuer Roman liest sich etwas sperriger, aber durchaus ebenso gut. Ihre Köchin ist durchaus ein interessanter Charakter, auch die Tochter des Magnaten ist gut gezeichnet. Die Superreichen bleiben im Gegensatz dazu leider etwas flach.
Der Roman ist freilich durchaus eine realistische Beschreibung möglicher Zukunftsperspektiven. Der Ausbruch eines Supervulkans (unter dem Yellowstone Park oder im Atlantik bei den Kanaren befinden sich derartige), der ähnliche Auswirkungen wie der beschriebene Smog zeigen würde, ist ja denkmöglich. Gespenstisch sind C Pam Zhangs Schilderungen der Besuche der Köchin im darbenden Mailand samt tödlichem Unfall. Die längst vom Einheitsbrei abgestumpften Gaumen der Kinder finden den Geschmack eines Apfels nur noch widerlich. Wer denkt da nicht an die heute grassierende Fast-Food-Unkultur.
C Pam Zhang: Wo Milch und Honig fließen
Aus dem amerikanischen Englisch von Eva Regul. S.
Fischer
272 Seiten
€ 24,70