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Freitag, Dezember 12, 2025

Als Wurstfüller zu Weihnachten

Kolumne von Robert Sommer.

Beitragsbild: © Symbolbild / iStock

Das Schöne an Weihnachten ist, dass es obligatorisch ist, wie ein Gewitter, das wir alle gemeinsam durchstehen müssen – obwohl diese Gedanken nicht von mir stammen, sondern vom israelischen Humoristen Ephraim Kishon, dem Heiligen Vater aller Satiriker weltweit, möchte ich sie ungeniert als die meinen verkaufen. Schließlich gab der Alt-Österreicher einmal mit seinem typisch jüdischen Schmäh zu: „Ich habe noch keine Pointe erfunden. Jede einzelne war schon irgendeinmal da.“

Im Grunde sind wir nichts anderes als Worteverarbeiter einer gewissen Schreibkunst: wie Metzger, die in Wurstfüller zerkleinertes Fleisch hinein stopfen, in der Hoffnung, dass dabei eine köstliche Käsekrainer herauskommt. Sie ist nicht die erste ihrer Art, schmeckt aber allen. Zumindest mit Senf, den man dazugeben muss. So wie wir Schriftsteller, denn wir kommentieren am liebsten alles. Auch Weihnachten.

Wie schon in einem meiner Bücher errechnet, nehme ich jeden Dezember dank der Gier nach Punsch und Bockbier rund drei Kilogramm zu. Wenn man die Bubenjahre abzieht, in denen ich nur Zuschauer des festlichen Mästens an der Krippe war, muss man diese Zahl mit 50 multiplizieren. Was nach Adam Riese, dem menschlichen Papa des Geburtstagskindes, einen Zuwachs meiner Körperfülle von insgesamt 150 Kilogramm ergibt – damit würde ich in keinen Wurstfüller passen.

Im diametralen Gegensatz dazu nimmt mein Erspartes wegen diverser Ausgaben für sinnlose Geschenke für Verwandte oder Familienessen mit artverwandten Wesen kontinuierlich ab. Was an Tagen wie diesen hingegen stressbedingt in die Höhe klettert, ist der Blutdruck, weil alles „vorher“ erledigt werden muss, im Glauben, dass es ein „nachher“ nicht mehr gibt.

Als würde am 24. Dezember zu Mitternacht ein Komet die Erde schrammen, sind Treffen mit Freunden und Kollegen, die Abgabe sämtlicher Buchtexte und Lesungen noch vor Weihnachten zwingend notwendig. Trotzdem genieße ich diese Winterzeit wie den kühlenden Sommerregen inmitten eines Gewitters. Vielleicht weil wir sie alle gemeinsam durchstehen müssen, was man bei etwas gutem Willen als tieferen Sinn von Weihnachten interpretieren könnte.

Robert Sommer

Der ehemalige Sportjournalist ist jetzt Bestsellerautor.

Carla Hoffmann
Carla Hoffmann
Redakteurin Vormagazin

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