BARBARA KAUDELKA ÜBER EIN E(L)CHTES ABENTEUER. „Kinder, ich erzähle euch eine unglaubliche Geschichte.“ Die Kleinen kuscheln sich unter einem Baum im Böhmerwald zusammen und lauschen ihrem Papa. „Mein Name ist Ted Mosby, doch die Welt kannte mich einst als Emil.
Manch Familiengeschichte ist ein Segen, andere eine Bürde. Für mich war sie irgendwie beides. Ich entstamme einer langen Ahnenreihe, einer Adelslinie, die sich auf so ziemlich alles etwas einbildet. Groß, gut aussehend, mit schlanken Endlosbeinen gesegnet. Herrscher über weite Latifundien in Skandinavien, Kanada, Russland und dem Baltikum. Überall, wo wir auftauchen, bleiben die Menschen stehen, starren und fotografieren. Man fertigt Nippes nach unserem Antlitz an und verkauft ihn in die ganze Welt. Verrückt, nicht?! Irgendwann hat da jemand einen Deal mit so einem blau-gelben Interieurkonzern eingefädelt. Stellt euch vor, wir sind so berühmt, man hat sogar einen internationalen Autotest nach uns benannt!
Dieses Level an Fame! Pfff, Harry und Meghan wer? Taylor Swift? Never heard! Doch es gibt auch Schattenseiten. Schon als junger Springinsfeld lag mir meine Mutter in den Ohren, ich müsse mir meiner Stellung bewusst sein. Ich trüge ein Geweih und somit auch Verantwortung, immerhin gäbe es ein Revier zu führen. Auch die Wahl meiner Partnerin sei an gesellschaftliche Vorgaben gebunden. Noblesse oblige. Aber das war einfach nicht ich. Ich wollte kein Nepo-Baby sein, nicht irgendeine Kuh zur Mutter meines Nachwuchses machen, nur, weil sie in unseren Kreisen verkehrte. Nein! Ich wollte mein Leben selbst in die Hufe nehmen. Ich war für Größeres geschaffen: Abenteuer in ferne Länder und die wahre Liebe, die irgendwo da draußen nach mir rief. So machte ich mich auf die Reise meines Lebens. Eure Oma war not amused. Sie meinte, ich würde noch enden wie Onkel Olle aus Särö in Schweden.
Er galt als Schandfleck der Familie, seit er 2011 in den Medien landete, nachdem er in einem Obstgarten zu viele vergorene Äpfel gefressen hatte und blunzenfett in jenem Obstbaum hängen blieb. Sie sollte zum Teil recht behalten, auch ich schaffte es in die internationale Presse – doch nicht, weil ich mich mit Fallobst zugefröhnt hatte, sondern weil ich auf meine höchstpersönliche Tour d’Amour ging.
Ich wanderte von Polen über Tschechien bis nach Österreich, stapfte durch Felder, über Wiesen und Straßen (zum Glück gibt’s unsere Eselshütte!), durchschwamm die Donau und pilgerte zur „Lourdes-Grotte“, einem Ort, wo die Menschen zu ihren Heiligen beten. Komisches Völkchen mit seltsamen Gepflogenheiten, aber ich wollte ja neue Welten kennenlernen. Und auf meiner Suche nach der großen Liebe konnte ich jede Hilfe gebrauchen. „Und? Wie hast du Mama gefunden?“, plattet es aus dem pausbäckigen Elchmädchen Penny hervor. Emil zwinkert. „Das, meine kleine Fellnase, war le-gen-warte, es kommt gleich-där!“