Was mich am Urlaub am meisten aufregt: das Warten auf alle anderen. Vor allem bei der Abfahrt zum Strand. Ständig muss man warten und es zehrt an den Nerven. Warten ist anstrengender, als bei 30 Grad in der Sonne, ein 5×5 Meter-Loch in den Sand zu buddeln. Das wäre ehrlich gesagt viel entspannter.
Vielleicht merken die anderen gar nicht, dass ich auf sie warte. Soll ich auffälliger warten? Oder kann es sein, dass alle anderen gerade auf mich warten? Wenn ich demonstrativ meine Tasche packe, meine Schuhe binde und dabei so tue, als hätte ich total viel Geduld, ist das für mich das internationale Zeichen für „Können wir jetzt endlich los?“. Aus Höflichkeit mache ich mir dann meistens noch ein Soda Zitrone, um die anderen nicht zu stressen, während sie sich zum 10ten Mal die Haare vor dem Spiegel richten.
Ich will ja auch nicht der Miesepeter sein, der sich demonstrativ ins Auto schiebt und schmollt. Das kommt meist nicht gut rüber. Die andere Person (in solchen Situationen überwiegend Familienmitglied oder Partner) nützt diese 60 Sekunden Soda-Zitron-Produktion gekonnt aus und denkt „Ah, da kann ich ja schnell noch meinen Regenponcho von oben holen!“ und zack – aus 60 Sekunden werden fünf Minuten.
Ich schreibe diese Kolumne, während ich mich selbst in einem sehr ausgedehnten Exemplar des Warte-Kreises befinde. Und das Beste? Dieses Spiel ist kostenlos, und jeder kann mitmachen! Manchmal kommen noch mehr Menschen dazu, und ehe man sich versieht, ist die Warte-Schleife so groß, dass sie ins Unermessliche wächst. Kein Wunder, wir sind alle schon seit einer halben Stunde (fast) abfahrbereit, und auf einmal startet Tante Beatrice einen spontanen Besuchs-Überraschungsangriff.
Wenn wir uns noch länger in dieser Warte-Limbo aufhalten, geht früher oder später die Sonne unter – und wir kommen nicht mehr zum Strand. Egal, ob wir den Regenponcho dabei haben oder nicht. Wenn Sie sich also das nächste Mal im Warte-Kreis befinden, in dem nicht klar ist, wer hier überhaupt auf wen wartet, trauen Sie sich bitte ihn zu durchbrechen. Es werden Ihnen alle dankbar sein.
Zu Hause in Wien geht das ganz gut mit folgender Methode: arbeiten Sie strategisch mit U-Bahn-Verbindungen. Sie müssen ihrem gegenüber nur gekonnt einreden, dass wir genau diese Verbindung erwischen müssen, um spät genug im Freibad zu sein, damit wir nicht mehr vollen Eintritt, zahlen müssen, aber auch früh genug, um den Nachmittag noch gut auskosten zu können. Zum Beispiel so: Also „Entschuldige bitte, ich will dich gerade echt nicht bei deinem spontan angefangenen Sudoku stören, aber wir müssen echt diese Verbindung erwischen!“. Sudoku macht sich sowieso besser im Freibad am Schwimmbecken.