Sie ist die einzige Bim, mit der man auch dann fahren kann, wenn man tot ist. Und jetzt passen Sie auf: Wenn der sonst so charmante Wiener nämlich sagt, dass er jemanden „mit dem 71er heimschicken möchte“, könnte das gefährlich werden. Weil: Friedhofsbim, Endstation Zentralfriedhof, verstehen Sie? Wir sind mit der berühmtesten Linie der Stadt Richtung Zentralfriedhof getuckert, jenem morbiden Schatz der Wiener, dem nachgesagt wird, „halb so groß wie Zürich, aber doppelt so lustig zu sein“. Dort, wo über 3.000.000 Verstorbene ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, hat das neue Bestattungsmuseum gleich vis-à-vis der Bestattung Wien seine Pforten eröffnet.
Zentralfriedhof, Tor 2. Nach knapp zehnmonatiger Bauzeit ist im denkmalgeschützten Jugendstiljuwel auf 300 m2 ein zeitgemäßes, modernes und interaktives Museum entstanden. Schon die lange, schmale Rampe, die in das neue Museum unter der Aufbahrungshalle 2 am Wiener Zentralfriedhof führt, gleicht ein wenig dem „letzten Weg“. Der alte Standort in der Goldeggasse 19 musste auf- grund der Übersiedelung der Unternehmenszentrale aufgegeben werden. Über 250 Originalobjekte sowie Bildmaterial – vielfach zum ersten Mal ausgestellt – aus den Archiven der Bestattung und Friedhöfe Wien warten darauf, entdeckt zu werden. „Wir präsentieren hier nicht nur Wissen über die Wiener Bestattungs- und Friedhofskultur“, erzählt Direktorin Ruth Praschek und stemmt sich gegen das Eingangstor des Museums. „Klemmt noch ein bissl“, und fährt unbeirrt fort: „Wir zeigen auch die typisch wienerische Art, mit dem Tod umzugehen.“ Wien, die Metropole des Morbiden. Man feiert die schöne Leich’, mit der nicht nur ein aufwendig-pompöses Leichenbegräbnis gemeint ist, sondern gleichzeitig auch der Ausdruck einer bestimmten Lebenshaltung. Der Tod ist unvermeidlich, also wird er zelebriert. Nicht umsonst sang schon Georg Kreisler „Der Tod, das muss ein Wiener sein“. Und wo, wenn nicht am Zentralfriedhof, sollte das neue Bestattungsmuseum sein Zuhause finden? Eben.
Morbide Evergreens und Gänsehautfeeling. Grabtücher, Totenmasken, imperiale Wappen oder etwa ein originaler Fourgon (Kutsche für Leichentransport) bezeugen die eindrucksvolle Totengeschichte der Stadt. In Kombination mit dem dunklen Ambiente, der bläulich-kühlen Lichtatmosphäre und den vom Band eingespielten Pferdehufen auf Kopfsteinpflaster eine ziemlich gruselige Mischung. Richtig bizarr wird es dann aber bei der Kerzenspitzmaschine, dem Rettungswecker oder dem Herzstichmesser. Man könnte ja unter Umständen lebendig begraben werden. Was auch nicht fehlen darf: der richtige Sound zum Sterben. Bei der Audiostation mit der Hitparade für Begräbnislieder kommt Praschek ins Schwärmen: "Mein persönliches Highlight im Museum. Ich finde ja das Fiakerlied am besten", schmunzelt sie und spielt uns ihren Hit vor. "Mei Stolz is, i bin halt an echt's Weanakind", ertönt es aus den Lautsprechern. Ebenfalls heiß begehrt auf der Playlist der Bestattung Wien sind "Time to say goodbye", "Ave Maria" und "My Way".
Skurrile Wünsche. Gleich vis-à-vis vom Tor 2 des Zentralfriedhofs hat sich die städtische Bestattung seit Anfang 2012 neu angesiedelt. Die räumliche Zusammenführung von Bestattung und Friedhöfen in einem Verwaltungsgebäude bedeutet für trauernde Angehörige eine große Erleichterung: Viele Wege entfallen. Im großzügigen Kundenservicebereich im Erdgeschoß bekommen sie an Info- Inseln Rat und Hilfe zu allen Fragen rund um Begräbnis und Grabstelle. Für Gespräche mit Hinterbliebenen und zur Planung einer Trauerfeier stehen angeschlossene Räume zur Verfügung, erzählt Peter Holeczek, der seit 20 Jahren die Zentrale der Bestattung Wien leitet. Unter dem Motto „Menschlich betreut – Würdevoll begleitet“ steht man rund um die Uhr sieben Tage die Woche zur Verfügung. Und man unterstütze auch Menschen, die zu Lebzeiten Vorsorge für eine individuelle Bestattung treffen wollen. Von einer Baumbeisetzung bis hin zum unerfüllbaren Wunsch eines Kunden, der seine Urne im Hanappi-Stadion vergraben wollte, kümmern sich Holeczek und sein siebenköpfiges Team um rund 6.500 Beisetzungen pro Jahr. Vor Ort können unterschiedlichste Särge und Urnen begutachtet und ausgewählt werden. Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann sich sogar aus der Asche der Verstorbenen einen Diamanten pressen lassen. Kostenpunkt: 3.000 Euro aufwärts, verrät er uns in seinem Büro. Jeden Wunsch kann die Bestattung Wien dann aber doch nicht erfüllen. Den Fußballfan konnte er dann doch mit einer Baumbestattung überzeugen, schmunzelt Holeczek.
Peter Holeczek, Bestattung Wien
VORmagazin: Welche Leistungen bietet die Bestattung Wien an?
Peter Holeczek: Wir erledigen für unser Kunden alle Wege, die möglich sind. Vom Besorgen der Sterbeurkunde, der Kleiderabgabe im Spital bis hin zum Erstellen der Paten und dem Organisieren des Priesters, des Nachrufsprechers, der Musik sowie der Abrechnung mit den Friedhöfen.
VORmagazin: Was kostet ein durchschnittliches Begräbnis?
Peter Holeczek: Das kann man pauschal so nicht beantworten. Eine einfache Feuerbestattung kommt auf ca. 1.300 Euro. Bei einer exklusiven Trauerfeier mit Erdbestattung geht’s ab 3.500 Euro los.
VORmagazin: Was passiert, wenn ich mir das nicht leisten kann?
Peter Holeczek: Dann gibt’s ein Begräbnis auf Anordnung der Sanitätsbehörde. Die Verstorbenen werden aufgebahrt und mit einem hölzernen Gedenkzeichen am Zentralfriedhof beerdigt.
VORmagazin: Welche Trends zeichnen sich auf dem Bestattungssektor ab?
Peter Holeczek: Man erkennt schon, dass viele Angehörige nach alternativen Bestattungsmöglichkeiten suchen. Die Urnen sollen nicht mehr ganz normal im Grab, sondern eher bei einem Baum, auf einer Wiese oder bei einem Strauch beigesetzt werden. Viele möchten die Asche der Verstorbenen als Schmuckstück bei sich tragen und lassen sich einen Diamant erzeugen.
VORmagazin: Welche Empfehlung sprechen Sie in puncto Vorsorge aus?
Peter Holeczek: Man sollte sich ab einem gewissen Alter schon überlegen, wie die bevorzugte Art der Bestattung ausschauen sollte. Aber bitte ja nicht ins Testament reinschreiben, das wird nämlich erst 3–6 Wochen nach dem Tod eröffnet, und da ist es dann meistens schon zu spät. Eine finanzielle Vorsorge spielt natürlich auch eine Rolle für die Hinterbliebenen.
VORmagazin: Was hat sich für die Bestattung Wien seit der Liberalisierung des Mark- tes 2002 verändert?
Peter Holeczek: Durch die Öffnung des Gewerbes drängen natürlich immer mehr Privatanbieter auf den Markt. Die Bestattung Wien hat sich als Unternehmen bewegen müssen.
VORmagazin: In Ihrem Job dreht sich ja alles rund um das Thema Sterben, Verlust, Trauer. Ist das nicht manchmal wahnsinnig deprimierend?
Peter Holeczek: Es ist wichtig, ein gutes Umfeld in der Arbeit zu haben, gute Gespräche helfen hier auf jeden Fall. Auch das private Umfeld sollte funktionieren und stabil sein. Sonst packt man das nicht!