Das Wesentliche soll erkennbar bleiben
Erwin Wurm lobt die präzise Genauigkeit seines Künstlerkollegen Federico Vecchi, Hermann Nitsch seine Entwicklung – wir haben den gebürtigen Italiener in seinem Atelier besucht. (von Jasmin Falmbigl)
Die Entwicklung des in Cavriago, Italien, geborenen Künstlers Federico Vecchi durchlief, wie Hermann Nitsch in seinem Text von 2012 über seinen damaligen Assistenten schrieb, alle Stadien der Kunstgeschichte. So sieht man bei der Betrachtung von Vecchis Werk, das sich von der Malerei über Zeichnung und Skulptur bis hin zur Collage bewegt, die Entfaltung einer intensiven Auseinandersetzung mit Formen und der Beschaffenheit von Farbe, Leinwand, Papier und Objekt.
Vecchi, der seine Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste in Bologna absolvierte, gibt Aufschluss über jede seiner Techniken und Arbeitsfelder und gewährt Einblick in seine künstlerische Entwicklung. Die Zeichnung gibt Vecchi Anlass, die Grenzen des Zeichens per se zu erforschen. Im Vordergrund steht hierbei nicht die figurative Darstellung, sondern die Distorsion, die Verzeichnung des Dargestellten. Vecchi gliedert seine gezeichneten Serien in empathische und zweihändige Zeichnungen. In der empathischen Zeichnung zeichnet Vecchi, ohne auf das, was er zeichnet, zu blicken. Vordergründig geht es ihm dabei um die Verbindung zwischen ihm selbst und dem Gezeichneten. „So erscheint ein seismographisches Zeichen dieser Verbindung/Beziehung, worin aber immer noch die ursprüngliche Gestalt des Subjektes, sein Wesentliches, erkennbar bleibt.“
Die Zweihände-Zeichnung wird, wie der Titel bereits andeutet, mit beiden Händen gleichzeitig ausgeführt. Diese Methode hat sich Vecchi als Training angeeignet, um die rechte Gehirn-Hemisphäre zu beanspruchen. Dabei stehen die Ausstrahlung der Zeichnung und der wohltuende Effekt auf Künstler und Betrachter im Vordergrund. In seiner Malerei erforscht Federico Vecchi die Abgrenzung eines Bildes nach außen. Dies wird durch eigens erbaute Rahmen bewirkt, die bereits eine bestimmte Richtung und Komposition vorgeben. Vecchi trägt die Farben schichtweise auf und balanciert damit die ursprüngliche Komposition aus. Die Substanz und verschiedenen Konsistenzformen der Farbe intensivieren die Tiefe und Perspektive seiner Bilder. Vecchis Entwicklung und der Nachhall der Lehre von Hermann Nitsch sind hier deutlich spürbar. Die laufende Zusammenarbeit mit seinen Mentoren Hermann Nitsch und Erwin Wurm ist für die künstlerische Entwicklung Vecchis sehr prägend und eine intensive Erfahrung, die ihn immer auf Neue motiviert. Inzwischen verbindet die drei Künstler auch Freundschaft, was Vecchi mit großem Stolz erfüllt.
Erwin Wurm sprach bei Vecchis Ausstellung im Bildraum07 (2014) gleich zu Beginn seiner Eröffnungsrede von der Besonderheit einer Künstlerkollegen- Freundschaft, die er besonders schätze. Er lobte die präzise Genauigkeit Vecchis und den zeitaufwändigen Schaffensprozess der Arbeiten, welche ihn anfangs überrascht hätten. Denn Vecchi malt keineswegs schnell, obwohl der erste Eindruck beim Betrachten seiner Bilder dies vielleicht suggeriert. Ebenso zeigte sich Wurm davon beeindruckt, dass sowohl die Bilder als auch die Skulpturen Vecchis zwischen den Genres Skulptur und Gemälde changieren. Wurm hob schlussendlich Vecchis Umgang mit Farbe hevor: Durch das Einfärben seiner Skulpturen lässt Vecchi die Farbe Bestandteil des Materials werden.
Die Skulpturen Haustotem und Fetische, denen sich Vecchi seit 2014 intensiv widmet, bestehen größtenteils aus eingefärbtem Gips. Alltagsgegenstände, wie Waschmittelverpackungen, kleine Konservendosen usw. dienen hier als Gussformen, um die Verbindung von Alltäglichkeit und dem Konsumverhalten der Menschen zu veranschaulichen. Für seine Collagen holt sich Federico Vecchi Materialien wie die Reste alter Werbeplakate von der Straße. Als Grundlage dienen ihm ausschließlich schwarze Blätter, auf denen die grellen Farben der Papierstücke besser zur Geltung kommen.
Wie bei seinen Gemälden und Rahmen, spielt auch hier wieder die Form eine große Rolle. Die abgerissenen Ecken von Werbeplakaten besitzen meist schon eine dreieckige Form, für welche Federico eine Vorliebe entwickelt hat. Demnächst können seine Collagen in der Ungargasse 1 bei „Die Raumteiler“ (www.dieraumteiler.at) bewundert werden. Die Eröffnung findet am 11. 03. 2015 um 19.00 Uhr statt. Der Rote Teppich für junge Kunst zeigt Arbeiten von Vecchi von 1.–15. 3. 2015 im Red Carpet Showroom am Karlsplatz.
Aktuelle Termine von Federico Vecchi
Die Eröffnung seiner Ausstellung bei „Die Raumteiler“ (www.dieraumteiler.at) findet am 11. 3. um 19 Uhr statt. Im Red Carpet Showroom am Karlsplatz stellt er bis 15. 3. aus.