Bild: ©Carina Antl
BARBARA KAUDELKA gustiert durchs Wienerische.
Wie ich letztens in mein mokka-benetztes Kipferl beiß, kommt mir schmunzelnd: Das Wiener Idiom ist köstlich. Im wahrsten Sinne des Wortes, finden sich doch in der Alltagssprache zahlreiche Redewendungen, die der Kulinarik entlehnt werden und uns aus der lukullisch hingewandten Seele sprechen. Will man sich mit jemandem gut stellen, muss man sich einweinberln, solls ein Aufriss werden, so heißts g’scheit einebratn. Doch nicht nur die Liebe geht durch den Magen. Der Mensch ist halt manchmal anpapperlt.
Gründe finden sich: Kaum jemand lässt sich ohne Murren die Butter vom Brot nehmen und nicht selten sieht man sich dieser Tage genötigt, die Suppe auszulöffeln, die andere eingebrockt haben. Wie oft haben wir uns schon nolens volens darüber geärgert, wenn wir exponierten Zeitgenossen dabei zusehen mussten, wie sie lauwarmen (und blöderweise folgenschweren) Schmarrn verzapfen. Kurz: Geht einem etwas auf den Keks, könnt man schon mal in Saft gehen. Weils halt ned Powidl ist, wenn a blede Blunzen an Topfen daherredt und damit für Jahrzehnte Frauenrechte im „Land of the Free“ filetiert. Oder wenn ein wadlbeißerisches Schwammerl in Einser-Panier seinen Senf abgibt, obschon es da, wo der Blick für die Grenzen der rhetorischen Geschmacklosigkeit sein sollte, eindeutig Tomaten auf den Augen hat.
Es gibt diese Tage, da riecht man den Braten schon von weitem, das Odeur der Korinthenkacker, mit denen nicht gut Kirschen essen ist, die stets ein Haar in der Suppe finden, wenngleich sie oft nix anderes können, als Äpfel mit Birnen zu vergleichen! Und ehe man sich’s versieht: Schwupps, da haben wir den Salat. Dann wird in Teufels Küche scharf dischkuriert und bochn dahergredt, das zaht sich dann wie ein Strudelteig. Da eine beleidigte Leberwurst, dort ein garstiges Zuckergoscherl, ein rotierender Schaumschläger hier, ein erzürnt wogender Backhendlfriedhof dort – die Emotionen kochen hoch, man fürchtet kurz, die Radieschen alsbald von unten betrachten zu müssen, legen doch die Beteiligten mittlerweile einen Benimm an den Tag, der sie knapp fürs Schmalz, in jedem Fall aber fürn Gugelhupf qualifizieren könnt.
Und schon isses passiert: Der Garpunkt ist überschritten, das Bratl verbrannt, das Porzellan zerdeppert, Prost Mahlzeit. Und jetzt? Man redet um den heißen Brei, der Ausgang des Disputs is ned Fisch, ned Fleisch und am Ende hängt a jeder da, wie a stinkerts G’söchts. Zum Glück wird nichts so heiß gegessen, wies gekocht wird, alles hat ein Ende, nur die Wurscht(igkeit) hat zwei. Solange es Menschen gibt, werden immer irgendwo Hendln miteinand’ gerupft werden, aber vielleicht schaffen wir’s ja, Küchenjargon nicht mit Gossenjargon zu verwechseln. Auch, wenn Friede, Freude, Eierkuchen in diesen Zeiten traurigerweise nicht am Menü stehen, könnt ma ja dafür sorgen, dass die Küche nicht kalt bleibt.
Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin und Medienmensch.