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Freitag, April 26, 2024

Bob Odenkirk

Mit seiner ersten dramatischen Rolle hat sich für den Schauspieler viel verändert. Und das, obwohl er zuerst an ein Versehen glaubte, als er das Angebot bekam, Saul Goodman in „Breaking Bad“ zu spielen.

Interview: Julia Sobieszek

Bis „Breaking Bad“ haben Sie eigentlich nur in Komödien gespielt. Wie kam es dazu, dass Sie plötzlich diese Rolle angeboten bekamen?

Um ehrlich zu sein, kam das für mich total unerwartet. Damals habe ich gerade an einem Comedy-Fernsehpiloten geschrieben. Plötzlich hat mich mein Agent angerufen, um mir zu sagen, dass Vince Gilligan (Erfinder und Autor von „Breaking Bad“ und „Better Call Saul“) mich für die Rolle des Saul in „Breaking Bad“ haben möchte. Ich weiß nicht, warum er mich ausgesucht hat. Ich dachte zuerst, dass er sich geirrt hat und mir beim ersten Treffen mitteilen würde: „Es tut mir leid, ich hab’s vermasselt. Es gibt jemanden, dessen Name ähnlich wie deiner klingt.“ Ich habe das wirklich für eine reale Möglichkeit gehalten. Aber wie sich herausstellte, wollte er wirklich mich. Er hat mir später einmal gesagt, dass es gerade wegen meiner Arbeit als Comedian war.

 

Haben Sie gezögert, die Rolle anzunehmen?

Nein, eigentlich nicht. Ich habe es als Herausforderung gesehen. Obwohl es natürlich völlig anders war als alles, was ich bis dato gemacht hatte. Es war ja ein großes Risiko für Vince Gillian, mich dafür zu engagieren, und ich hätte wohl mehr Angst haben müssen. Aber ich mache diesen Job wegen des Nervenkitzels, das ist das Showbusiness. Eine der Vorteile ist, dass verrückte Sachen passieren können. Das ist ein Beispiel dafür.

 

Vince Gillian hat einmal gesagt: „Wenn du Komödien machen kannst, dann kannst du auch dramatische Sachen spielen. Ich weiß nicht, ob das auch umgekehrt notwendigerweise stimmt.“ Sind Sie auch der Meinung?

Ich denke, das ist zu 80 Prozent richtig. Humor basiert auf den Grundsätzen, „Ja“ zu sagen, sich auf etwas einzulassen und völlig in der Rolle aufzugehen. Und das ist es natürlich auch, was man für dramatische Rollen braucht. Das spricht also für Komiker. Umgekehrt denke ich, es gibt genug dramatische Schauspieler, die auch sehr lustig sein können. Viele glauben aber, dass Comedy bedeutet, dass man laut sein muss – was nicht stimmt. Grundsätzlich stimme ich Vince also zu. Aber ich möchte natürlich meine Kollegen nicht beleidigen.

 

Sie sind ein vielfach ausgezeichneter Autor und haben für sich selbst und für andere geschrieben. Wie schwer ist es, „nur“ zu reproduzieren? Würden Sie nicht auch gerne einmal selbst eine Folge von „Better call Saul“ schreiben?

Ich habe überhaupt kein Interesse daran, Autor einer Folge von „Better Call Saul“ zu sein. Das ist eine sehr herausfordernde Art zu schreiben. Ich sehe das, wenn ich mich als Schauspieler mit dem Script auseinandersetze. Wenn ich es analysiere und zerpflücke und wenn ich mir alle Ebenen genau ansehe. Ich sehe, wie viele Gedanken und harte Arbeit darin stecken. In jedem einzelnen Moment, den die Autoren kreieren. Und ehrlich gesagt: Das ist nicht meins, ich will nicht so hart arbeiten (lacht).

 

Es ist fast 20 Jahre her, dass der legendäre Komiker Chris Farley gestorben ist. Sie haben seine legendäre Phrase für seine Paraderolle „Matt Foley“ geschrieben. Wenn Sie für Saul einen Slogan kreieren müssten, wie würde dieser lauten?

Für Saul aus „Breaking Bad“ oder aus „Better Call Saul“?

Für beide.

Hm, lassen Sie mich überlegen. Saul aus „Breaking Bad“ möchte Geld und Klienten. Der Saul aus „Better Call Saul“ möchte Liebe und Respekt. Der Satz des Sauls aus „Better call Saul“ wäre: „Ich dachte, du stehst hinter mir“. So sieht er die Welt. „Breaking Bad“-Sauls Satz wäre: „Ich stehe hinter dir“ – auch wenn das nicht stimmt. Er fällt dir eher in den Rücken.

 

Ich habe gelesen, dass Sie den Saul aus „Better Call Saul“ lieber mögen als den Saul aus „Breaking Bad“. Nun spielt „Better Call Saul“ ja vor „Breaking Bad“, wird Saul also mit jeder Folge unsympathischer?

Das muss man anders sehen. Der Saul von „Breaking Bad“ hat nur eine Seite von sich hergezeigt. Er hat eine Show aufgeführt, er war nie real. Ich denke, wir wissen noch immer nicht, wie der Saul aus „Breaking Bad“ wirklich ist. Wir wissen nicht, wie er ist, wenn er das Büro verlässt. Wie sein Leben ist, wen er kennt, was er wirklich will. Wir kennen nur eine kleine Seite von ihm. Ich denke also nicht, dass die Sympathie von Saul abnimmt. Die Person, die ich in „Breaking Bad“ gespielt habe, war niemand, über den ich positiv denke. Er war egoistisch und hat Leute benutzt. Ich mag solche Menschen nicht.

 

Verstehen wir den Saul aus „Better Call Saul“ besser, weil wir mehr Seiten von ihm sehen, und mögen wir ihn deshalb lieber?

Ja! Aber ich denke, das trifft wohl auf fast jeden auf der ganzen Welt zu. Einschließlich wirklich böser Menschen. Wenn man Menschen mit ihrer Familie sieht, wie Jimmy mit seinem Bruder, mit der Frau, in die er verliebt ist. Wenn man jemanden so sieht, dann stellt man eine Verbindung her und man empfindet Empathie für diese Person. Der Saul aus „Better Call Saul“ ist sehr liebenswert, er sucht nur Liebe und Anerkennung. Aber das trifft im Grunde auf jeden zu, den du außerhalb seiner öffentlichen Persona siehst. Vielleicht würde man sogar Donald Trump mögen, wenn man ihn privat kennenlernt.

 

Die grauenhafteste Person, die ich mir vorstellen kann, ist Adolf Hitler. Glauben Sie also, dass man Hitler sympathisch fände, würde man ihn privat kennenlernen?

Ich will das so jetzt nicht sagen, das könnte man sehr schnell falsch verstehen und aus dem Zusammenhang reißen. Ich denke, Hitler ist der eine Mensch, den man durch und durch hassen kann, in jedem Aspekt seiner Persönlichkeit.   

 

Wir wollen Österreich jetzt nicht nur als Geburtsland von Hitler stehen lassen. Waren Sie schon einmal in Österreich?

O ja! Ich war in Wien, Salzburg und Graz. Vor 30 Jahren bin ich mit Interrail durch Europa gereist und hatte eine tolle Zeit. An zwei Dinge kann ich mich besonders erinnern: An das Bier (lacht). Und in Graz war ich bei einem Konzert von „Jason and the Scorchers“. Das Witzige ist: Sie kommen aus Illinois, wo ich aufgewachsen bin. Ich hab sie in einem kleinen Opernhaus in Graz gesehen und anschließend bin ich in einem Schanigarten gesessen und habe Bier getrunken. Das war super. Österreich ist ein wundervolles Land!

 

 

„Better Call Saul“ ist ein Prequel. Die Serie spielt zeitlich vor „Breaking Bad“ und konzentriert sich auf die Geschichte des erfolglosen Anwalts James McGill, der später als Saul Goodman (Bob Odenkirk) bekannt wird. Seit Februar ist wöchentlich eine neue Folge der zweiten Staffel auf netflix.com online. Ab 19. April kommen auch Bingwatcher auf ihre Kosten, denn dann sind alle 10 Folgen verfügbar. www.netflix.com

Bob Odenkirk wurde 1962 in Illinois geboren. Nach einigen Jahren als DJ begann er, Comedy- und Improvisationskurse zu belegen. Mit 25 Jahren wurde er als Autor für die wöchentliche Sketchcomedyshow „Saturday Night Live“ engagiert, um nach vier Jahren zur „Ben Stiller Show“ zu wechseln. Nach einigen Jahren als Autor war er gemeinsam mit David Cross von 1995 bis 1998 in „Mr. Show with Bob and David“ zu sehen. Als Marshalls Boss „Arthur Hobbs“ war er Teil des „How I Met Your Mother“-Ensembles. Sein großer Durchbruch war die Rolle des Saul Goodman (ein Wortspiel zu „S’all good man“,also  „Es wird alles gut, Mann“) in „Breaking Bad“.

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