Seit einigen Wochen ist Nino Mandl im zehnten Bezirk zu Hause. „Ich wollte mal etwas anderes erleben“, sagt er. Aus dem Eindruck eines nächtlichen Spaziergangs ist „Stadt aus Stein“, sein erstes Favoriten-Lied und der zehnte Track auf dem neuen Album „Wach“, entstanden. Das dezentral im Stuwerviertel ist weiterhin sein Stammbeisl: „Ich bin jetzt seltener da, deshalb ist es besonderer.“ Vor dem Publikum, das nicht seinetwegen kommt, testet er neue Lieder. Und im Laufe des Abends zeigt sich: Man schätzt ihn hier abseits der Bühne.
Interview: Mareike Boysen und Marie Ladstätter
vormagazin: Ihr neues Album trägt den Titel „Wach“. Haben Sie die Doppeldeutigkeit intendiert?
Der Nino aus Wien: Nein, „waach” schreibt sich ja anders. Ich habe lange nach einem Titel gesucht, weshalb das Album zwischendurch “Nino sucht” hieß. “Wach” war ein Vorschlag des Bassisten. Offenbar kommt das Wort in zehn von zwölf Liedern vor. Ich bin dafür, dass sich auf Dauer das Wache gegen das Waache durchsetzt.
Das Album ist viel melodiöser als seine Vorgänger. Ist das auf den Einfluss der Band zurückzuführen?
Ich habe mir diesmal viel Mühe mit Melodien und Akkordfolgen gegeben, wollte auch einmal eine Bridge unterbringen. "Wach" ist kein Egotrip-, sondern ein echtes Bandalbum. Wir haben alles gemeinsam entschieden.
Wie kommt der Vintage-Sound zustande?
Der Produzent Paul Gallister wollte schon lange ein Album auf uralt machen. Wir haben mit antiken Mikrofonen und einer Bandmaschine aufgenommen und uns daran orientiert, wie die Beatles 1966 geklungen haben müssen. Die Musik aus der Zeit, The Kinks, Syd Barrett, die ist mir mit Abstand am liebsten.
Die Texte scheinen die Dauergestresstheit einer jungen Generation zu behandeln, zu der Sie eine Gegenstimme erheben.
Ich weiß nicht, was genau das mit dem Album zu tun hat, aber ich werde es mir noch einmal anhören. Für mich sind das Beobachtungen von Ereignissen um mich herum. Zeit interessiert mich jedenfalls sehr, ich bin ein Mensch, der ständig auf die Uhr schaut. Es geht um die Zeit, die man hat, was man damit macht oder nicht macht. Man muss nicht immer nur Workaholic sein. Manchmal reicht es, einfach zu schauen.
Gibt es etwas, das Sie bereuen, oder ein Talent, das Sie gerne verfolgt hätten? Ihr Bruder behauptet, Sie hätten einen guten Tormann abgegeben.
Als Kinder wollten wir beide unbedingt Kicker werden. Ich war aber nicht groß genug, um als Tormann richtig gut zu werden, und wollte auch nicht als Ersatz bei der Admira enden. Mein Bruder hat mit zehn Jahren als DJ Dan be- gonnen. Ich war sein Backgroundtänzer. Und bereue in beiden Fällen nicht, die Karrieren nicht verfolgt zu haben. Kaffeehausdichter würde ich gerne noch werden.
Welcher Nebenjob würde zu Ihnen passen?
Mir würde es sicher gut tun, als Briefträger zu arbeiten. Ich habe überhaupt eine insgeheime Sehn- sucht nach einem Ausbruch aus diesem Künstlerleben, wenigstens für eine gewisse Zeit.
Wie kommt der Vintage-Sound zustande?
Der Produzent Paul Gallister wollte schon lange ein Album auf uralt machen. Wir haben mit antiken Mikro- fonen und einer Bandmaschine aufgenommen und uns daran orientiert, wie die Beatles 1966 geklungen haben müssen. Die Musik aus der Zeit, The Kinks, Syd Barrett, die ist mir mit Abstand am liebsten. An einer Stelle auf dem Album singen Sie: „Sei froh, dass du kein Stunt bist, sondern echt.” Gibt es in der Musikbranche noch Authentizität? Der Begriff passt für mich viel besser zu Speisen: authen- tische friaulische Spezialitäten zum Beispiel. Auf der Büh- ne ist man nie so wie beim Billa. Würde man zum anderen Leben keinen Unterschied mehr feststellen, wäre es beängstigend. Die meistgestellte Frage an mich in neun Jahren Musikbusiness ist: "Bist du wirklich so?" Was soll ich darauf sagen?
Im Oktober haben Sie sich mit Wanda und Voodoo Jürgens auf "Bussi-Kreuzfahrt" nach Bologna begeben. Wie kommt man auf so eine Idee?
Durch meine liebste Columbo-Folge, "Traumschiff des Todes", waren meine Erwartungen verklärt. Das Schiff hat genauso ausgesehen, aber ansonsten war es ziemlich anstrengend. Ich war seekrank und habe mich ständig verlaufen. Dieses All-Inclusive-Leben ist auch nicht meins: schlechtes Essen am Buffet, ganz kurze Aufenthalte an Land. Ich bin eher der Frachtschiff-Typ, glaube ich.
Kommt für Sie infrage, jemals Wien zu verlassen?
Ich kann mir gut vorstellen, für eine begrenzte Zeit in den Mittelmeerraum zu ziehen. Einen Jänner in Sizilien zu erleben. Oder mit 90 in Triest die Lungen zu reinigen.
Ist man als Künstler einem Innovationszwang unterworfen, also zum ewigen Suchen verdammt?
Das wäre ja der Urdruck. Ich will, wenn ich schreibe, so natürlich wie möglich bleiben können. Bislang ist sich noch immer ein Album ausgegangen. Als Nächstes möchte ich eines nur mit Wienerliedern machen, das plane ich schon seit Jahren. Und dann vielleicht ein Krimi-Album. Mich fasziniert der Beruf des Kriminalpolizisten, so einen haben wir auch im dezentral. Lieder zu suchen und zu finden, ist zum Glück meine Lieblingsbeschäftigung.
INFO: derninoauswien.com