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Freitag, Juni 27, 2025

Die duftende Schönheit

Beitragsbild: © Michael Schottenberg / Kolumne: Michael Schottenberg

AUS MEINEM REISETAGEBUCH. DAS STÄDTCHEN OLMÜTZ DARF SICH ZU RECHT DIE HÜBSCHESTE STADT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK NENNEN.

Wer viel reist, kommt viel herum. In den letzten Jahren habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, auch meiner näheren Umgebung, die oft nur jenen sprichwörtlichen Sprung einer Katze entfernt ist, Aufmerksamkeit zu schenken. Hinein also ins Abenteuer, erforschen wir das Naheliegende! Das knapp hunderttausend Einwohner zählende Städtchen Olmütz im Herzen Mährens hat es in sich. Schenkt man dem Kult-Reiseführer „Lonely Planet“ Glauben, darf es sich zu Recht als hübscheste Stadt der Tschechischen Republik nennen. Reisende sind der Wahrheit verpflichtet. Im Laufe meiner Wanderjahre durfte ich schon so manches geografische Kleinod besuchen, bezüglich Attraktivität aber kann es Olmütz mit jedem anderen mitteleuropäischen Juwel aufnehmen. Nähert man sich der Stadt allerdings, nimmt man von weitem schon Seltsames wahr. Ein Düftelein streicht um die Nas’, unverkennbar in Würze, Reife und Säuernis. Woher kennt der Reisende das? Handelt es sich gar um eine Außenstelle des nicht weit davon entfernt liegenden „Socken-Hospizes“ im nördlichen Weinviertel, in dem verwaiste Einzelstrümpfe ihrem löchrigen Ende entgegenpofeln? Der kundige Käseommelier weiß, woher das beinahe fünfhundert Jahre alte Windchen weht, datiert doch dessen erste urkundliche Erwähnung aus jener Zeit, in der man das Wort „Käse“ erstmals zu buchstabieren versuchte. Die Tafeln in Richtung Loštice am Ortsausgang von Olmütz leiten den bekennenden Olfaktoristen in die einzig mögliche Richtung – die der Nase nach. Das dort befindliche Quargelmuseum findet man im Schlaf: Da, wo es riecht, macht man Halt. Seit dem Jahre 1876 wird hier der berühmte Stinker produziert. In Wahrheit „stinkt“ der Sauermilchling ja nicht, er riecht vielmehr, handelt es sich doch um einen Aristokraten seiner Zunft, den unter „Schmiere“ reifenden Käse ohne jedes chemische Konservierungsmittel und mit minimalem Fettanteil. In Olmütz ist Entschleunigung angesagt, man lässt sich treiben, bleibt über das Katzenkopfplaster (aufgepasst!), kehrt in wohlriechende Schenken ein und lässt sich die Olmoucké tvarůžky bestens munden. Am besten gemeinsam. Denn einer allein kann nicht so eleniglich stinken, da braucht’s schon einen Zweiten dazu.

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