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Samstag, Juli 27, 2024

Edita Malovčić

Edita Malovčić

„Man nimmt mich hier jetzt ernster"

Bevor wir an einem Tisch im Nichtraucherbereich des Café Siebenbrunnen in der Reinprechtsdorfer Straße Platz nehmen können, muss Edita Malovčić jemand anderen begrüßen. „Hallo Mama!“, ruft sie der Lokalinhaberin strahlend entgegen, die anschließend darauf besteht, jeden von uns auf mindestens ein Getränk einladen zu dürfen. „Hier bin ich praktisch groß geworden“, erzählt Tochter Edita uns, „Champingnonschnitzel – das war meine Welt.“ Freilich kann die oft in Deutschland beschäftigte Schauspielerin hier inzwischen viel seltener einkehren, als es ihr lieb wäre.

vormagazin: Vor einigen Jahren haben Sie ein Fernsehinterview gegeben, das sich nur um Ihre Musik gedreht hat, inzwischen sind Sie als Schauspielerin durchgestartet. Was ist Ihnen näher?

Malovčić: Für mich war immer klar, dass ich Musik machen wollte, daran hängt meine Seele. Zur Schauspielerei bin ich eher zufällig gekommen. „Nordrand“ hat mir dann eine Tür geöffnet, die ich vorher nicht gesehen hatte, und ich habe das Schauspielern als eine andere Art, Geschichten zu erzählen, verstanden. Heute kann ich weder ohne die Schauspielerei noch ohne die Musik leben.

vormagazin: Ihre Mutter ist Serbin und Ihr Vater Bosnier. Wie erleben Sie die Flüchtlingskrise?

Malovčić: In meiner Brust schlagen zwei Herzen: einerseits das humanitäre, das nicht infrage stellt, dass man jemandem helfen soll, der in Not ist. Zumal wir im Westen durch die Ausbeutung der Dritten Welt durchaus mitverantwortlich dafür sind, dass Menschen fliehen müssen. Andererseits leben in Österreich bereits sehr viele Menschen nahe an der Armutsgrenze und es kommen nun weitere dazu, die wenigstens übergangsweise vom Sozialsystem getragen werden müssen. Da frage ich mich: Wo ist der Plan? Sensibilität verlangen außerdem die Kollisionen von kulturell teilweise ganz unterschiedlichen Vorstellungen.

vormagazin: Ist Ihr erkennbar exjugoslawischer Nachname für Sie schon zum Nachteil geworden?

Malovčić: An der katholischen Privatschule war ich die Einzige, die -čić hieß. Man hat mich dort aber nicht spüren lassen, dass ich anders sei. Später habe ich mich durchaus geärgert, wenn Mitarbeiter von Behörden automatisch in gebrochenem Deutsch mit mir gesprochen haben. In der Filmbranche haben mir viele geraten, meinen Namen zu ändern. Ich hätte das aber unauthentisch gefunden. Außerdem schäme ich mich nicht wegen meiner Herkunft. Im Gegenteil: Ich stehe darauf, dass ich diese Kultur in mir habe, mehrere Sprachen spreche. Das Feuer, die Kunst und Musik des Balkans – das macht mich alles aus. Sicherlich wollte ich auch ein Statement für die Außenwelt setzen: Wir sind eben nicht mehr nur die Gastarbeiter, die wir in den 1960er Jahren waren, das ist längst vorbei.

vormagazin: Sehen Sie sich in dieser Hinsicht als Vorbild?

Malovčić: Dafür kenne ich meine Fehler zu gut. Aber es geht mir sicherlich darum, meine Leute in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken. Ich finde, man sollte seinen Background nicht verstecken müssen.

vormagazin: In den letzten Jahren waren Sie vor allem in Deutschland beschäftigt. Was bedeutet Ihnen die Nominierung für die ROMY, also einen österreichischen Filmpreis?

Malovčić: Dass ich vielleicht endlich auch als Schauspielerin in Österreich angekommen bin. Lange Zeit hatte ich das Gefühl, dass man mir gegenüber in Deutschland offener ist, während ich aus Österreich nur Gastarbeiterrollen angeboten bekam. Durch den Umweg, den ich gemacht habe, nimmt man mich hier ernster. Den Preis zu gewinnen, wäre trotzdem eine Sensation und eine wichtige Bestätigung.

vormagazin: Im „Tatort“ verkörpern Sie eine toughe, risikobereite Frau. Hat Hanna Lennerz mit Ihnen als Privatperson viel gemein?

Malovčić: Auf dem Balkan werden die meisten Frauen sehr stolz erzogen. Man soll sich ehrenvoll verhalten und darf auf keinen Fall zu leicht wirken. So habe ich eine gewisse Eitelkeit entwickelt und auch eine Direktheit, mit der viele nicht klarkommen. Ich bin jemand, der polarisiert. Aber dafür kann ich mich am Ende des Tages im Spiegel anschauen und zu dem stehen, was ich gemacht habe. Als Künstler muss man auch ein bisschen asozial sein können.

vormagazin: Achten Sie bei der Auswahl Ihrer Rollen also auf ein Frauenbild, das Sie vertreten können?

Malovčić: Ich spiele natürlich auch einmal eine Tussi. Vor allem habe ich ein Problem mit Rollen, die mir einen Stempel verpassen, mich also zu lang auf etwas festlegen. Ich versuche, ein großes Spektrum hineinzubringen, damit ich nicht zur Nummer werde und auch damit ich mich selbst nicht langweilen muss.

vormagazin:Als erfolgreiche Schauspielerin erreicht man viele Menschen. Gibt es etwas, das Sie vermitteln wollen?

Malovčić: Sobald man mich fühlt und spürt, sobald ich jemanden emotional abhole, weil er sich mit dem, was ich spiele, identifizieren kann, habe ich Erfolg gehabt. Letztlich geht es um Ehrlichkeit und Mitgefühl.

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