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Dienstag, Dezember 3, 2024

Fünf Fragen an Franz Schwartz

Interview: Christoph Langecker

vormagazin: Sie haben mit Hans Hurch einen engen Freund verloren und sind sofort bereit gewesen, seine letzte Viennale in seinem Sinne fertig zu stellen. Wie ist es Ihnen in den letzten Wochen ergangen?

Franz Schwartz: Das gesamte Team hat sich in die Arbeit gestürzt und Verlust und Schmerz gleichsam weggearbeitet. Wir alle wussten, dass es nach dem Unveränderbaren nur mehr unsere Aufgabe sein konnte, das Werk von Hans in seinem Sinne zu vollenden. Wir haben Hochs und Tiefs erlebt. Je näher wir der endgültigen Programmauswahl gekommen sind, desto leichter schien uns die Arbeit zu fallen. Als dann Samstagnacht der Spielplan fertiggestellt vor uns lag, war es aber wieder sehr emotional. Bei der Filmauswahl selbst und bei allen inhaltlichen und organisatorischen Entscheidungen habe ich mich natürlich immer wieder gefragt, was hätte Hans dazu gesagt, und was wird ihm gerecht. Ich bin zuversichtlich, dass er mir die richtigen Antworten gegeben hat.

Was erwartet das Publikum bei der Viennale 2017?

Hoffentlich ein Programm, das von Inhalt und Form dem Festival der letzten Jahre gerecht wird. Vielleicht habe ich nicht so stringent wie Hans Hurch programmiert, vielleicht auch etwas publikumsfreundlicher, insgesamt sollte es aber wieder ein für die Viennale typisches Programm sein: Autorenfilme der prononciertesten Filmschaffenden, Dokumentar- wie Spielfilme, Experimentelles genauso wie kinematografisch vertretbare Filme der Major-Studios.

Sie haben bereits verkündet, dass Sie das Festival nur einmalig begleiten werden. Wen wünschen Sie sich in Zukunft an der Spitze der Viennale?

Am ersten Werktag nach der Viennale, also am 5. November, wird die Ausschreibung national und international veröffentlicht. Wir erwarten 80 bis 100 Bewerbungen aus dem In- und Ausland. Die Findungskommission wird daraus die richtige Person wählen.

Welche Qualifikationen muss man für diese Aufgabe mitbringen?

Gemäß der Ausschreibung sollte diese Person unter anderem eine umfassende Kenntnis des internationalen Film- und Festivalgeschehens haben, vielleicht auch schon Erfahrung in einer verantwortungsvollen Position bei der Programmierung eines namhaften internationalen Festivals oder einer vergleichbaren Institution gesammelt haben. Kaufmännische Kenntnisse und Erfahrung in der Personal- und Betriebsführung sind ebenfalls erforderlich. Wenn ich das Team und die Budgetabschlüsse der Viennale der vergangenen Jahre betrachte, dann hat Hans Hurch diese Kenntnisse in hohem Maße gehabt. Mir persönlich wäre wichtig, dass diese für die Leitung der Viennale zu findende Person ebenso integer und unkorrumpierbar ist, wie Hans es war.

Man spricht oft vom „Viennale- Spirit“. Könnten Sie uns diesen kurz beschreiben?

Gäste und Publikum schaffen gemeinsam zwei Wochen lang eine Welt, in der die Filme und die Diskussionen darüber im Mittelpunkt stehen. Daraus entsteht eine Atmosphäre des Verständnisses und der Zusammengehörigkeit, die diesen, im wahrsten Sinne des Wortes unbeschreiblichen Spirit hervorbringt. Meine Antwort auf Ihre Frage lautet daher eigentlich: Nein.

5 Viennale-Empfehlungen des interimistischen künstlerischen Leiters

ABSCHIED VON DEN ELTERN

Ein Essay-Film von Astrid Ofner nach der gleichnamigen autobiographischen Erzählung von Peter Weiss, der dem Buch und dem Wesen des Autors gerecht wird.

120 BATTEMENTS PAR MINUTE

Der Regisseur Robin Campillo schildert in diesem Spielfilm den Kampf junger Aktivisten (zu denen er selbst gehörte) für ein Bewusstsein gegenüber Aids und der wachsenden Zahl von Aids-Toten in den 90er Jahren, also einer Zeit vor dem Internet, wo Aktivismus noch physische Präsenz und Körpereinsatz bedeutet hat.

HANNAH

Charlotte Rampling spielt Hannah, deren Mann (André Wilms, bekannt aus Kaurismäkis „La Vie de Bohème“) ins Gefängnis muss. Der Film lässt bewusst die Hintergründe der Figuren im Dunkeln und konzentriert sich voll auf Hannah und ihren Umgang mit der neuen Situation. Eine weitere großartige schauspielerische Leistung von Charlotte Rampling.

THE NILE HILTON INCIDENT

Ein Film noir, ein Krimi-Drama, das lose auf einem wahren Fall im Jahr 2008 basiert, angesiedelt in den Straßen von Kairo zu einer Zeit, als sich die Revolution gegen Präsident Hosni Mubarak formiert.

12 JOURS

Maximal 12 Tage duldet das Gesetz in Frankreich, bis ein in die Psychiatrie eingelieferter Patient dem Richter vorgeführt werden muss. Depardon begleitet zehn Patienten während dieser Anhörungen und schenkt ihnen und der richterlichen Instanz Aufmerksamkeit und Gehör.

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