Bild: ©Carina Antl
Barbara Kaudelka über künstlerische Leckerbissen.
Kürzlich in Kopenhagen: Die dänische Hauptstadt präsentierte sich gewohnt quirlig, gewohnt scandi-chic, dafür ungewohnt sonnig. Bei knapp 30 Grad saß ich Ende September in T-Shirt und kurzen Hosen zwischen Holzkuttern und Segelbooten am malerischen Kai von Nyhavn, beobachtete dauerknipsende Touristenknäuel auf der einen Hafenseite, fröhlich schwimmende Einheimische auf der anderen und genoss die Vorfreude auf das saftige, hochkalorische Zimtgebäck in meiner Hand, das seinen letzten Minuten entgegenblickte. Pures Hüftgold. Und groooße Bäckerskunst!
Apropos Kunst: Mit einer skurrilen Aktion schaffte es ungefähr zur selben Zeit der bekannte dänische Künstler Jens Haaning in die internationalen Schlagzeilen. Haaning veranschaulichte einst den Jahreslohn in den Ländern Dänemark und Österreich, indem er dänische Kronen und Euro-Geldscheine in entsprechender Werthöhe auf Leinwände klebte. Echtgeld, wohlgemerkt. Jüngst bestellte das Museum Aalborg für eine Ausstellung eine überarbeitete Nachbildung erwähnter Bilder und staunte nicht schlecht, als bei Anlieferung zwei leere Rahmen im Transportbehälter warteten. Haaning hatte sich für eine „umfassendere“ Überarbeitung entschieden und seinem Werk kurzerhand den Titel „take the money and run“ („Nimm das Geld und verschwinde“) verpasst. In einer beigefügten E-Mail erklärte der Künstler, dass er sich damit kritisch mit Arbeitsstrukturen und dem Wert, dem Arbeit beigemessen wird, auseinandersetze. Museumsdirektor Lasse Andersson reagierte zunächst mit Humor und stellte die beiden Werke aus, forderte aber vor Gericht die Rückzahlung der Geldscheine im Wert von mehr als 70.000 Euro, die als Leihgabe zur Erstellung der Exponate vorgesehen waren.
„Kunst ist ein Lebensmittel“ ist ein geflügeltes Wort, das die Seele der Kunst- und Kulturschaffenden nährt. Dass zeitgenössische Kunst auch auf physischer Ebene dazu verleitet, den Hunger nach Kunst zu stillen, zeigte im Frühjahr dieses Jahres ein Student in Seoul, der ein ausgestelltes Kunstwerk des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan einfach verspeiste. Zur Erklärung: Es handelte sich hierbei um eine reife Banane, die mit Klebeband an der Wand des Museums befestigt war. Nachdem er die Frucht verputzt hatte, klebte der junge Mann die Bananenschale kurzerhand wieder an. Auch hier bewiesen Künstler und Museumsleitung Schmäh – die Banane wäre sowieso alle drei Tage ausgetauscht worden. Schwein gehabt, mit einem Wert von 120.000 US-Dollar, die für Cattelans Kunst-Installation veranschlagt waren, wäre das höchstwahrscheinlich der teuerste Snack aller Zeiten gewesen. Frei nach dem Motto „Ist das Kunst oder kann das weg?“ beäugte ich also eingehend das duftende Zimtstangerl in meiner Hand und entschied mich für: beides! Mampf!
Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky