Lisa Eckhart fällt auf. Mit beißendem Zynismus bei Poetry Slams, mit Reimen und Theatralik auf Kabarettbühnen. Auch ihre Outfits tragen zu einer Aura der Außergewöhnlichkeit bei. Die Jury des Österreichischen Kabarettpreises sprach in ihrer Begründung von einer „faszinierenden, wie einem Salon der Zwanzigerjahre entsprungenen Kunstfigur“. Eine Behauptung, gegen die sie sich gern wehre, wie Eckhart gleich zu Beginn unseres Interviews im Café Eiles sagt: „Vielleicht ist die Figur ja eher die im echten Leben, die kooperiert, geschmeidig und erträglich ist.“ Menschen sind Eckhart nicht geheuer, während es ihr künstlerisch vor allem um eines geht: verstanden zu werden.
vormagazin: Sie sind Trägerin des Österreichischen Kabarett-Förderpreises 2016. Ist das eine Kategorie, in der Sie sich als 24-Jährige wohlfühlen?
Lisa Eckhart: Mein Alter ist keine Entschuldigung dafür, dass man mich nicht für mein Lebenswerk auszeichnet. „Förderpreis“ legt nahe, ich würde betreutes Kabarett machen, das hat schon etwas Bevormundendes. Aber ich habe den ersten Schock überwunden und freue mich jetzt sogar.
Werden Sie gerne als Kabarettistin bezeichnet? 2015 sind Sie österreichische Poetry-Slam-Meisterin geworden.
Man muss zuschreiben, das finde ich legitim. Aber es ist nicht so, dass ich geboren worden bin und mir gesagt habe: Ich will auf die Kabarettbühne. Oder später: Ich will auf die Poetry-Slam-Bühne. Ich will einfach nur auf die Bühne – welche das ist, ist mir vollkommen egal. In der Form, im Stil passe ich mich dann an, aber der Inhalt wird immer der gleiche sein. Leider kann ich nicht singen, sonst würde ich auch in der Oper auftreten.
Gibt es bestimmte Reaktionen, die Sie mit Ihren Texten, Ihrem Stil hervorrufen wollen? Wollen Sie provozieren?
Der Zynismus ist mir durch positive und negative Erfahrungen angewachsen, ich gehe damit nicht bewusst auf Konfrontation. Provozieren um des Provozierens willen finde ich sowieso selten gut. Mit Inhalten vor den Kopf stoßen, das ist das Ziel, denn anders erreicht man Menschen nicht. Ich liebe es, Reaktionen vom Publikum zu beobachten, weil ich mir keine speziellen erhoffe. Wenn ich einen Text schreibe, weiß ich meist selbst nicht, ob er lustig oder traurig ist, wie man damit umgehen sollte. Ich will nur, dass meine Texte etwas auslösen, das erhoffe ich mir ja auch von Texten anderer.
Ihre Texte sind stilistisch auffällig durchkomponiert. Wie streng sind Sie mit sich und anderen?
Ich bin keine Perfektionistin, ich überarbeite Texte auch nicht. Wenn die nicht in ein paar Stunden draußen sind, macht es mich krank. Bei mir hat alles Ecken und Kanten, aber ich habe lieber 100 % mich und etwas in dieser Künstlichkeit Natürliches als übertriebenen Feinschliff. Da spreche ich auch als Zuhörerin: Wenn ich vor mir sehe, wie der Autor schweißgetrieben am Schreibtisch gesessen ist, komme ich nie in die Trance, die ein Text schaffen sollte. Ein bisschen Zauber, diesen spontanen Ausbruch, das sollte sich Kunst erhalten.
Wie ist Ihr Näheverhältnis zum Reim entstanden?
Der Reim soll den Menschen meine Ideen leichter zugänglich machen. Ich kann mich selbst viel besser konzentrieren, wenn etwas gereimt ist, wenn es einen Rhythmus hat. Deshalb wundert es mich, wenn Zuhörer ausgerechnet die Reime als schwierig empfinden. Wahrscheinlich sind sie es nicht gewohnt.
In Ihren Texten finden sich immer wieder literaturhistorische Referenzen. Setzen Sie bei Ihrem Zielpublikum ein gewisses Bildungsniveau voraus?
Nein. Wenn man die Referenzen nicht kennt, will ich, dass man sie mit dem Text kennenlernt. Es ist mir sehr wichtig, nie etwas zu machen, was unter diesen furchtbaren Begriff der „Hochkultur“ fällt. Ich finde, es kann nichts Wertvolles geben, was man nicht jedem Menschen in einer Form von Sprache bewusst machen kann. Geht das nicht, ist der Gedanke nicht relevant genug. Skepsis gegenüber präpotentem Elitendenken hat mir auch das Studium beigebracht.
Sie haben Französisch und Russisch studiert. Treten Sie auch in anderen Sprachen als Deutsch auf ?
Der Traum war lange, andere Sprachen perfekt zu beherrschen, aber den muss man aufgeben. Man ist ja nicht sozialisiert mit der Fremdsprache. Sprache bringt so viel mit sich: In Grammatik und Syntax steckt eine ganze Geisteshaltung. Da kratzt man dann notgedrungen immer an einer Imitation herum. Mit der eigenen Sprache zurechtzukommen, ist eine Lebensaufgabe, da will ich nicht noch in anderen herumstümpern.
Sie haben jetzt eine Wohnung in Wien. Kommen Sie manchmal zum Schreiben ins Kaffeehaus?
Der kreative Prozess ist bei mir tot, sobald Menschen in der Nähe sind. Eine Kaffeehausschreiberin bin ich also definitiv nicht. Überhaupt inspirieren mich Menschen nur bedingt. Daher meide ich sie eher, wenn ich etwas produzieren will. Aber zum Entspannen ist es toll hier.