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Montag, Mai 6, 2024

Redshirts und Romantik

Bild: ©Carina Antl

Barbara Kaudelka warpt durch unendliche Weiten.

Was? Nein! Spinnst, die kannst doch nicht weggeben!“ Entrüstet schnappt Cousine F. nach der Videokassette von „Legenden der Leidenschaft“. Der Blick, der mich trifft, wünscht mir Dinge an den Hals, die eher ins Drehbuch zu „Sieben“ passen!
F. und ich beschlossen jüngst, der brütenden Hitze über Wien produktiv zu entgehen und die lang überfällige Ausmist-Aktion im kühlen Familienkeller anzugehen. Seit Generationen finden hier ausrangierte Spielsachen, Schulbücher und Kinderkramuri die letzte Ruhestätte.
„Bittesehr, dein Schmachtfetzen“, feixe ich und reiche ihr das Video. Während sich Cousinchen und ich so durch Kartons voller Vergangenheit wühlen, wird schnell klar: Wir sind mit höchst unterschiedlichen Interessen aufgewachsen. Und bei Brad Pitt ist Schluss mit lustig. Auf beiden Seiten. Weder Brad noch Hollywood-Schnulzen lock(t)en mich hinterm Ofen hervor. Meine Welt waren schon in Jugendtagen Horrorfilme und Science Fiction. (Und bevor Sie nach „Interview mit einem Vampir“ fragen: Die Antwort lautet nein!) Offenbar hab ich einen von F.s Kartons erwischt, während sie einen mit meinem Klumpert bearbeitet. Sicher ist’s, als sie belustigt eine abgenudelte Actionfigur aus der Box zieht. Und zwar an einem markant spitzen Ohr. Mein Herz geht auf.
Die Abenteuer der USS Enterprise und ihrer Crew, ob unter Captain Kirk, Picard oder Pike, begleiteten mich durch Kindheit und Jugend und sind bis heute Teil meines Lebens. Mit „Star Trek“ begann meine Faszination für den Weltraum. Als Kind waren Spock, Pille und Uhura die Belohnung, wenn ich mit den Hausaufgaben fertig war. Später reiste ich mit Data, Commander Riker, Lieutenant Worf und den Crushers durch die Weiten des Alls, sprang durch Wurmlöcher, schlürfte im „Zehn Vorne“ ein Gläschen Pflaumensaft und konnte nicht genug kriegen von Romulanern, Ferengi, Borg, Cardassianern und allem, was das „Star Trek“-Universum mit flirrendem Leben erfüllte. Der Androide Data war mein Liebling; den Klingonen aber – kratzbürstig und komplex – galt mein Interesse. Besonders ihrer Sprache. Extra für die Serie entwickelt, fand sie solchen Anklang unter den Fans, dass es mittlerweile Kurse dafür gibt. Selbst Weltliteratur wie „Der kleine Prinz“ wurde bereits ins Klingonische übersetzt.
Es kursieren übrigens irdische Erzählungen über ein Paar, das sich auf einer Star Trek Convention unsterblich ineinander verliebt haben soll. Die beiden waren der Sprache des anderen nicht mächtig, konnten sich aber auf Klingonisch verständigen. Heute sind sie glücklich verheiratet. Seufz, sooo romantisch … huch, ich werd doch nicht …?
„Haallooo! Erde an Babs!“ F.s Fingerschnipsen beamt mich zurück in die Gegenwart. „Du warst grad in einer ganz ­andern Galaxie, gell?“, kichert sie. Wenn sie wüsste ;) Qapla’!


Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky

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