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Dienstag, Januar 21, 2025

Reif für die Insel – Barbara Kaudelka nimmt’s mit Humor. Merry Christmas!

©Carina Antl

Ab November die Diskussion, wo man Weihnachten feiert: daheim? Bei den Geschwistern, seinen Eltern, meinen Eltern? Planung der Reiseroute für den Heiligen Abend. In der Arbeit stressen s’, obwohl die Tage vor dem 24. gefühlt kein Büro außer unserem mehr besetzt ist. Dazwischen Geschenke besorgen, Wohnung putzen, denn an den Feiertagen kommen Gäste, da muss jedes Mal viergängig aufgetischt werden. Ich steh tagelang in der Küche, hetze mit Menschenmassen durch Shoppingtempel und Supermärkte, Christbaum kaufen, schmücken, Weihnachtsfeiern besuchen, Kekse backen, Ehemann und Katze in Weihnachtsoutfits stecken fürs Christmas-Posting … alles muss ich machen!“

Ich sippe ein Schlückchen dampfenden Glühwein aus dem roten Keramikstiefel. Das traditionelle Krampuskränzchen mit meiner Freundin F. hat soeben den erwarteten Plot-Twist genommen. Alle Jahre wieder befreit F., der Inbegriff der perfekten Weihnachtselfen-Superwoman-Vorzeige-Mrs. Santa Claus, vor mir ihren inneren Grinch. Jedes Jahr dieselben Dinge, über die sie sich aufregt. Jedes Jahr höre ich zu, gebe Tipps, biete Hilfe an. Geändert wird nix. Ich liebe meine Freundin, aber hier scheiden sich die Weihnachtsgeister (die ich rief. Sorry, der musste sein). Keine Frage: Vorweihnachtsstress ist zach und meilenweit vorbei an dem, was der Advent für uns sein sollte, nämlich ein Zur-Ruhe-Kommen am Ende des Jahres. Wir haben auch nicht immer eine Wahl, ABER öfter, als wir denken.

Es ist nie zu spät, Dinge anders zu gestalten. Runterzuschrauben, auf die eigene Belastungsgrenze zu hören und auch mal dankend nein zu sagen; liebevoll, mit Respekt und im Idealfall einer Prise Humor. „Ich will nicht auf Weihnachten verzichten! Ach, ich bin reif für die Insel“, klagt sie. Auch dieser Satz ein alter Bekannter. Auftritt liebe- und respektvolle Krampuskränzchen-Kurskorrektur mit Prise Humor: „Das klingt, als wärst du reif für die Weihnachtsinsel! Es gabert eine im Indischen Ozean und eine im Pazifik, falls du lieber unter Kokospalmen statt der Nordmanntanne singst!“ Kurze Irritation. „Was? Weihnachten in der Hitz? Spinnst?“ „Du könntest auch nach Kanada – in Neuschottland gibt’s ebenfalls ein Christmas Island. Huschikalt. Elche inklusive.“ Einen Moment lang scheint F. zu überlegen, dann obsiegt der selbstgewählte Weihnachtsschraubstock: „Nö, zu weit weg!“, schnaubt sie. Doch ich bin vorbereitet. Ich schnappe mir eine Serviette vom Punschstandl, kritzle darauf und überreiche sie F. „4411? Was soll das sein? Die Durchwahl vom Weihnachtsmann?“ „Nein“, zwinkere ich, „die Postleitzahl der Gemeinde Christkindl in Oberösterreich. Ein Tagesausflug. Dort haben s’ sogar ein Weihnachts-Spezialpostamt, wo man Briefe aufgeben kann. Ans Christkind. Oder ans Salzamt.“ Ich grinse. Der Grinch-Groschen fällt und F.s schallendes Lachen ist mein Weihnachtsgeschenk.


Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky

Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky

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