Bild: ©Carina Antl
An einem der letzten schönen Herbsttage schlenderte ich durch den in buntes Laub gekleideten Stadtpark. Wien wurde heuer mit reichlich goldener Herbststimmung beschenkt und auch an jenem Tag lachte die Sonne fröhlich vom Himmel.
Ganz und gar nicht sonnig gestaltete sich mein innerer Aggregatzustand. Mit dem falschen Fuß aufgestanden, Betonpatscherln an den Mundwinkeln, ein tieffrequentes Brummeln, wo sonst klare Sprache für Kommunikation sorgte. Müsste man mein Mojo an jenem Tag einem cineastischen Genre zuordnen, so wäre es ein Western geworden: High Noon, die Kamera fährt dicht an zusammengekniffene Augen heran, während im Hintergrund die Melodie von Morricones „Spiel mir das Lied vom Tod“ ertönt.
Kurzum: Ich war grantig wie ein Wiener Kaffeehauskellner. Gegen Zwiderwurzigkeit soll ja Frischluft helfen, also schob ich mich und mein Gfrieß durch den Stadtpark. Ein Seelentröster musste her – Zucker und Fett. Ob der kühlen Temperaturen fiel ein großes Erdbeereis als comfort food leider aus. Ein McKanzler-Menü kam mir auch nicht in die Tüte – geschmacklos und liegt nur schwer im Magen. Etwas hangry ließ ich mich auf eine Parkbank nieder. Doch noch bevor ich mein Gewicht auf den wettergegerbten Holzplanken verteilen konnte, hüpfte mir eine Wurst vor die Füße. Eine äußerst herzige Wurst, mit Strubbelfell, Knopfaugen und eifrig wedelndem Schwänzchen. Auch ein bisserl fett und definitiv zuckersüß.
„Na, da hat sich der Burli aber schwer verliebt“, gluckste es von der Nebenbank. Die zwei flotten Omis am anderen Ende der Hundeleine lächelten freundlich in mein bewölktes Gesicht: „Normalerweise mog a kane Fremden.“ Wie auf Kommando legte Burli sein Köpfchen auf meine Schuhe und schenkte mir einen Blick, der Steine erweicht. Den Streichel-Sanktus eingeholt, kraulte ich den fröhlich japsenden Burli und merkte, wie sich die Wolken lichteten. Burli did his magic. Nachgerade gut gelaunt verabschiedete ich mich und ging weiter. Nach ein paar Schritten fiel mir auf, dass ich meine Handschuhe liegen gelassen hatte. Ich drehte um und noch bevor ich die Bank erreicht hatte, sah ich, wie ein junger Punk aufgeregt mit Burli schmuste. Den Begleittext hatte ich auch schon mal gehört: „Na, des is owa a Überraschung. Normalerweise mog a kane Fremden.“
Autsch. Aus meinem Herzen brach knirschend ein kleines Stückerl in Form einer Hundepfote heraus. Der Punk schlenderte weiter und als ich schon geknickt von dannen ziehen wollte, hörte ich eine Omi die andere fragen: „Sog amoi, Grete, wieso sogst du immer, dass der Burli sonst niemanden mog? Der Klane geht doch an jeden zuwe.“ Darauf Grete: „Schau, Hannerl, die Leit mochts glücklich, wenns in dera Wöd amoi dran erinnert werdn, dass wos Bsonders san. Und mi mochts glücklich eana lächeln zu sehn.“
Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky