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Freitag, März 14, 2025

„Wir brauchen Stabilität in Wien“ – Interview mit Michael Ludwig

Text: Helmut Schneider | Fotos: ©Bubu Dujmic

Der Wiener Bürgermeister lenkt inzwischen seit bald sieben Jahren die Geschicke der Stadt. Zuvor war er elf Jahre als Wohnbaustadtrat tätig. Im April stellt sich Michael Ludwig wieder der Wahl, seit 2020 führt der Sozialdemokrat eine Koalitionsregierung mit den NEOS. 

vormagazin: Wien wählt früher, nämlich am 27. April. Nachdem die Koalition FPÖ-ÖVP gescheitert ist, besteht der Hauptgrund, dass es eine Regierung geben könnte, die Wien benachteiligt, ja nicht mehr. Warum wählt Wien trotzdem früher?

Michael Ludwig: Mein Hauptargument besteht allerdings weiterhin: Es erscheint mir wichtig, noch vor dem Sommer eine stabile Stadtregierung zu bilden. Das ist in einer bundespolitisch unsicheren Lage doppelt wichtig. Mit einer stabilen Stadtregierung können wir – ganz unabhängig davon, wie sich die künftige Bundesregierung zusammensetzt – die Interessen der Wiener Bevölkerung besser vertreten. Wir  benötigen also Stabilität.

Hat Sie der 180-Grad-Schwenk der ÖVP überrascht?

Ich war – wie viele Menschen in Österreich – vor allem beunruhigt über die Perspektive eines Kanzlers Herbert Kickl. Mir war es daher wichtig, sofort die Hand in Richtung ÖVP auszustrecken und ihnen zu signalisieren, dass es eine Alternative zu Kickl gibt. 

Thema Migration – viele Menschen fühlen sich verunsichert. Was kann Wien da tun? 

Generell ist Wien weltweit eine der sichersten Metropolen. Und überall dort, wo es ein subjektiv eingeschränktes Sicherheitsgefühl gibt, greifen wir sofort ein. Am Reumannplatz oder Keplerplatz gibt es etwa Videoüberwachung und regelmäßige Polizeikontrollen. 

Neben den Gesetzen gibt es auch Regeln, die wir von allen Menschen, die in der Stadt
leben, einfordern.

Bürgermeister Michael Ludwig, SPÖ

Sind die Polizeikräfte in Wien ausreichend? Es gibt ja zum Beispiel die Forderung nach 1.000 Polizisten mehr für Wien.

Wien braucht auf jeden Fall mehr Exekutivkräfte, aber nicht weil es so unsicher geworden wäre, sondern weil die Bevölkerung stark angestiegen ist. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs leben fast eine halbe Million Menschen mehr in Wien. Die Anzahl der Polizistinnen und Polizisten ist aber nicht im gleichen Ausmaß gestiegen. Außerdem sind auch viele Institutionen nach Wien gewandert, die geschützt werden müssen. Und die meisten Demonstationen finden in Wien statt, obwohl sie mit der Stadt wenig zu tun haben. Das führt dazu, dass die Polizistinnen und Polizisten im Vorjahr 2,5 Millionen Überstunden machen mussten. 

Es gibt auch Vorschläge für eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge, damit nicht alle aus ganz Österreich nach Wien kommen, eine gute Idee?

Ich habe ja überhaupt vorgeschlagen, dass die Mindestsicherung für Asylberechtigte über das AMS ausbezahlt wird, damit diese stärker an den Arbeitsmarkt angeschlossen werden. Damit verbunden wäre auch eine Wohnsitzauflage. 

Woran scheitert das?

Meinen Vorschlag gibt es seit letzten Sommer, die Vorstände des AMS haben das auch begrüßt. Die Bundesregierung wollte das allerdings nicht.

Der Wiener Bürgermeister nahm sich Zeit für ein Gespräch mit dem vormagazin.

Sie haben wiederholt auch eine Wiener Hausordnung ins Spiel gebracht, wie sollte die aussehen?

Damit meine ich, dass es neben den Gesetzen auch Regeln gibt, die wir von allen Menschen, die in der Stadt leben, einfordern. Da geht es einfach darum, sich auf Spielregeln zu einigen, die ein Miteinander gewährleisten.

Was erachten Sie als den größten Erfolg der zu Ende gehenden Regierungsperiode seit 2020?

Ich habe schon kurz vorher die kostenfreie Ganztagsschule auf den Weg gebracht – inzwischen haben wir mehr als 120 Standorte. Das war ein wichtiger Schritt in Richtung Integration sowie um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten. Und wir hatten in der letzten Legislaturperiode eine Reihe von Herausforderungen zu leisten – etwa die Coronapandemie oder den Krieg in der Ukraine. Wir betreuen tausende Kriegsflüchtlinge – das ist auch eine Herausforderung für unsere Schulen. Mit dem Krieg stiegen bekanntlich auch die Energiekosten und die Inflation. Wir konnten nur bei den Gemeindewohnungen einen Stopp der Mieten anordnen, die Bundesregierung weigerte sich aber, die Mieten zu deckeln. Die Stadt hilft wirtschaftlich schwächeren Haushalten etwa bei den Energiekosten.

Was wurde in der letzten Periode speziell für Frauen erreicht? 

In Wien ist die Beschäftigung von Frauen in ganz Österreich am höchsten. Das funktioniert nur, weil wir ausreichend Kinderbetreuung anbieten können. Seit 15 Jahren bieten wir in Wien einen kostenfreien Kindergarten und seit 2020 eine kostenfreie Ganztagsschule an. Leider gibt es nach wie vor Gewalt an Frauen. Deshalb haben wir ein fünftes Frauenhaus auf den Weg gebracht und den Frauennotruf personell verstärkt. Auch die Männerberatung wurde ausgebaut. In Wien gibt es auch den geringsten Gap beim Einkommen zwischen Männern und Frauen in Österreich.


Am 27. April 2025 finden in Wien Gemeinderatswahlen statt.
>Alle Informationen zur Wahl<

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