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Dienstag, Dezember 3, 2024

Zwischen Büro und Schiene

Bild: ©Stefan Burghart

Nach Jahren der Selbstständigkeit suchte Felicitas Bachner nach einer neuen Herausforderung. Heute organisiert sie mit großer Leidenschaft Gleisbaustellen bei den Wiener Linien.

Wenn Felicitas Bachner vom Einsanden spricht, gerät sie fast ein bisschen ins Schwärmen. Bei dieser Tätigkeit geht es darum, Sand in die Rille zwischen Straßenbahnschienen und Betonplatten zu kehren.
„Viele meiner Kollegen empfinden diese Arbeit als eintönig, aber ich könnte das stundenlang machen. Die perfekte Arbeit, um den Kopf frei zu bekommen“, erzählt sie. Zu ihrem Job bei den Wiener Linien ist sie über Umwege gekommen.
„Nach zehn Jahren in der Selbstständigkeit habe ich beschlossen, dass ich gerne etwas anderes machen möchte“, beschreibt Bachner. Schließlich entschied sie sich für eine Schlosser-Lehre, die sie mithilfe eines Förderprogramms in nur zwei Jahren absolvieren konnte. Im Rahmen der Jobsuche stieß sie auf eine Stellenausschreibung zur Gleisbauarbeiterin bei den Wiener Linien: „In der Anzeige stand eigens, dass auch Frauen willkommen sind. Da dachte ich mir, dort muss ich mich bewerben“, erinnert sie sich.
Der Umstieg von klassischer Bürotätigkeit auf manuelle Arbeit war für sie kein Problem, „auch wenn die Arbeit im Gleisbau körperlich schon sehr anstrengend sein kann“.
Nach etwa eineinhalb Jahren fiel ihr Organisationstalent auf und so kam sie schließlich zu ihrer heutigen Position in der Bauaufsicht, bei der sie zwischen Gleisbaustellen und ihrem Büro pendelt.

Nach Jahren der Selbstständigkeit suchte Felicitas Bachner nach einer neuen Herausforderung. Heute organisiert sie Gleisbaustellen.
Die Wartung der U-Bahn- und Straßenbahnschienen ist eine große Herausforderung. Wenn möglich, werden die Gleisbaustellen so  geplant, dass sie den Fahrbetrieb kaum beeinträchtigen. – ©Johannes Zinner

Erfahrung

Zu ihren Aufgaben zählt vor allem die Koordination von verschiedenen Fachabteilungen und Baufirmen.
„Ich organisiere zum Beispiel die Anlieferung der Schienen für verschiedene Baustellen, koordiniere die Schweiß-arbeiten oder auch die Abschaltung von Oberleitungen.“
Dabei ist Organisationstalent gefragt.
„Eine gewisse Form des Selbstmanagements ist für den Job sicher notwendig“, findet Bachner.
Ihre manuelle Arbeitserfahrung im Gleisbau ist dabei ebenso ein Vorteil wie ihre Büroerfahrung.
„Es gibt immer wieder Situationen, in denen ich davon profitiere, eine Quereinsteigerin zu sein. Zum Beispiel beim schnellen Tippen am Computer oder wenn es darum geht, wichtige Dokumente richtig abzulegen“, so Bachner.
Dass sie die einzige Frau in ihrer Abteilung ist, stört sie nicht: „Die Zusammenarbeit mit meinen männlichen Kollegen funktioniert wirklich sehr gut, wir pflegen alle einen respektvollen Umgang.“
Frauen sollten sich aus ihrer Sicht nicht von technischen Berufen oder manueller Arbeit abschrecken lassen.
„Wenn man sich etwas grundsätzlich zutraut, dann schafft man es auch“, ist sie überzeugt.

Nach Jahren der Selbstständigkeit suchte Felicitas Bachner nach einer neuen Herausforderung. Heute organisiert sie Gleisbaustellen.
Derzeit sind die ­Wiener Linien ­verstärkt auf der ­Suche nach MitarbeiterInnen im Bereich Gleisbau und freuen sich besonders über Bewerbungen von Frauen. Alle Infos gibt es online unter: jobs.wienerlinien.at – ©Manfred Helmer

Perspektive

Derzeit ist Bachner unter anderem am Europaplatz im Einsatz, wo seit Sommer 2021 in mehreren Phasen Gleise saniert und getauscht werden. Die Wartung des Wiener Straßenbahnnetzes – immerhin eines der größten weltweit – ist eine enorme Herausforderung, erzählt Bachner. Im Schnitt halten Straßenbahngleise 20 Jahre, wobei die tatsächliche Lebensdauer davon abhängt, wie stark ein bestimmter Abschnitt befahren wird. Im Winter machen Schnee, Eis und Kälte den Schienen zu schaffen. Kommt es zu einem Gleisbruch, rückt der Schweißerdienst der Wiener Linien aus, um den Schaden möglichst schnell zu beheben. Ihre Entscheidung, eine Schlosser-Lehre zu machen und im Gleisbau bei den Wiener Linien zu arbeiten, hat Bachner jedenfalls nie bereut. Momentan ist sie damit beschäftigt, den Schlosser-Meister zu machen.
„Dann kann ich in Zukunft Lehrlinge in meiner Abteilung ausbilden und Fortbildung ist sowieso immer eine gute Idee“, sagt sie.


– CAV –

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