Kurzgeschichten besitzen in der deutschsprachigen Literatur leider nicht die Anerkennung, die sie verdienen und die sie etwa in den angelsächsischen Ländern haben. Dabei sind stark verdichtete Geschichten manchmal viel interessanter als dicke Romane.
Die Vorarlberger Autorin Monika Helfer beweist in ihrem neuen Band Meisterschaft. Die 365 Kurzgeschichten – eine für jeden Tag im Jahr – wirken oft autobiographisch. Dabei geht es in vielen auch sehr phantastisch zu – Männer werden zu Bodyguards, Ohrringe werden gesucht, ein Urgroßvater ist mit der Aufsicht über ein Kind überfordert und eine grazile Frau wird als Fitnesstrainerin von einem Kunden schlecht behandelt. Aus Situationen entwickeln sich Gespräche oder umgekehrt. Schlagertexte oder Werbesprüche aus der Kindheit gewinnen eine andere Bedeutung.
Die meisten Geschichten hat Helfer für die Vorarlberger Nachrichten geschrieben, deshalb haben sie auch oft die gleiche Länge von etwa anderthalb Buchseiten. Aber das genügt der Autorin auch für ihre wunderbare Prosa und die Entwicklung ihres Personals, das manchmal an Franz Kafka erinnert.
Das Konzept eines Buches, das man nicht in einem durchliest, hat ja Potenzial. Ich habe selbst immer Fernando Pessoas „Das Buch der Unruhe“ neben dem Bett liegen. Die Gedanken des fiktiven Hilfsbuchhalters Soares sind wie ein Tagebuch der Erkenntnis über die Tücken des Lebens.
Monika Helfer: Wie die Welt weiterging Geschichten für jeden Tag
Hanser, 770 Seiten, € 32,90