Der deutsche Fernsehgigant RTL strahlte jahrelang neben der Tageswetterprognose für die 16 deutschen Bundesländer die meteorologischen Aussichten für Mallorca aus. Wer in einem Café in igrendeinem Küstenort der spanischen Insel „Einen Milchkaffee und ein Wasser dazu“ im sächsischen Dialekt in sich hineinbrummt, wird bestimmt verstanden. Derlei Annehmlichkeiten für deutschsprachige Besucher haben ihren Ursprung im Kassenschlager-Konzept „Ballermann“, das übrigens aus einer Verballhornung des Balneario No. 6, des Kurbad Nr. 6, entstanden ist. Inzwischen bezeichnet der Begriff eine Bar und ebenso einen Strandabschnitt im Westen, an dem ständig Partylaune herrscht. Abseits dessen zeigt sich Mallorca grazil, naturbelassen und farbenfroh.
In der Hauptstadt. Die Anreise per Flugzeug führt Touristen jedweder Art zuerst nach Palma de Mallorca und es wäre schade, wenn der gebuchte Bustransfer zum Hotel nicht wenigstens einen Tagesausflug in der Hauptstadt zuließe. Neben der gewaltigen gotischen Kathedrale La Seu sind 31 weitere Kirchen eine Besichtigung wert. In der Altstadt finden sich, der Besatzungsgeschichte des Landes geschuldet, spanisch-katalanische wie arabische Einflüsse wieder. Stilverliebten zu empfehlen ist die Cantina Patrón Lunares im Viertel Santa Catalina. Der Betreiber Javier Bonet hat das Lokal seinem Großvater, einem Fischer, zu Ehren eröffnet und verspricht, dass die ungewöhnlichen Dekorationsobjekte „1.000 Geschichten“ zu erzählen imstande seien.
Unberührt. Nach einer nur etwa einstündigen Weiterreise mit Bus oder Mietauto wird noch klarer, wie es sich mit dem Mallorca abseits der Klischees verhält. In Port de Sóller etwa, einer Hafensiedlung im Nordwesten der Insel, klärt das Dorfmuseum mehrsprachig über die Geschichte der Piraterie auf dem Mittelmeer auf. Die ausgeschilderten Wanderwege ins größere Sóller führen durch Wiesen und vorbei an Orangen-, Zitronen- und Mandelbäumen. Rast kann man auf Terrassen aus der Maurerzeit machen, die man höchstens mit einer sonnenbadenden Eidechse teilen muss. Was vielen nicht bekannt ist: Mallorca hat 54 Berge, die über 1.000 m hoch sind. Alpinkraxler mögen das beschmunzeln, außergewöhnlich ist aber der Ausblick von den Gipfeln: ein 360°-Meerespanorama. Wer Glück hat, entdeckt vom Strand aus sogar mal einen Delfin.
Köstliches. Kulinarisch sind neben allen Gerichten aus Meeresfüchten die in vielen kleinen Lokalen an der Theke angebotenen Antipastivariationen sowie ausgefallene Eissorten zu empfehlen. Nur eine Warnung noch: Der mallorquinische Kaffee wird einen verwöhnten österreichischen Gaumen kaum zufriedenstellen können.