Lisa Kerlin hat sich dem Volkstheater in den Bezirken verschrieben: „Es ist so ein schönes und wichtiges Projekt und ich freue mich sehr, dass ich einen Beitrag zum kulturellen Leben in meiner Wahlheimat leisten kann.“ – ©Marcel Urlaub
Interview mit Lisa Kerlin, die in der Spielzeit 2023/24 die Leitung vom Volkstheater in den Bezirken übernimmt.
Von Sebastian Höllmüller
Theater für alle: Als wichtiger Bestandteil der kulturellen Nahversorgung bringt das Format Volkstheater in den Bezirken heuer bereits im 70. Jahr die Bretter, die die Welt bedeuten, direkt zu den Menschen – auch in den Randbezirken Wiens. Als Spielstätten dienen dabei Säle der städtischen Volkshochschulen, kleine Kellerbühnen und Theaterräume. Wir haben die neue Leiterin Lisa Kerlin zum Interview gebeten.
vormagazin: Ihnen ist das Volkstheater nicht fremd, Sie waren als Referentin der künstlerischen Leitung und dann als Dramaturgin tätig. Fühlen Sie sich gut für Ihre neue Aufgabe gerüstet?
Lisa Kerlin: Es stimmt, inzwischen kenne ich das Volkstheater mit seinen Künstler*innen und Mitarbeiter*innen sehr gut. Die Zeit als Referentin hilft mir, weil ich mit wirklich allen Abteilungen in Kontakt gekommen bin, von der Kunst bis zur Verwaltung. Als Dramaturgin habe ich in der aktuellen Spielzeit dann die Produktionen vom Volkstheater in den Bezirken inhaltlich begleitet, bin mit auf Tour gegangen, habe Einführungen und Nachgespräche gemacht und habe unser sehr Feedback-freudiges Publikum kennengelernt. Deshalb fühle ich mich insgesamt gut vorbereitet. Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass ich die Aufgabe der Leitung dieses traditionsreichen Projekts als große, spannende Herausforderung empfinde. Es ist ein neues Kapitel für mich, und das fühlt sich letztlich immer wie ein Sprung ins kalte Wasser an. Aber das Wasser wird nicht wärmer, wenn ich warte, deshalb wage ich mich einfach kopfüber rein.
Worauf werden Sie in der Spielzeit 2023/24 den Schwerpunkt legen?
In der nächsten Spielzeit feiert das Volkstheater in den Bezirken ein Jubiläum: Es wird unglaubliche 70 Jahre alt! Mein Team und ich schauen in der kommenden Spielzeit darauf, dass wir bekannte und beliebte Titel spielen. Es gibt was zu feiern und wir haben Lust auf Spielfreude, Witz und Tempo auf der Bühne. Die Geschichten und die Spieler*innen stehen dabei im Zentrum.
Wie kommen „Die Bezirke“ beim Publikum an?
Das Volkstheater in den Bezirken hat das große Glück, einen Stamm von sehr treuen Abonnent*innen zu haben, die teilweise seit mehr als 30 Jahren oder seit ihrer Schulzeit in ihre Spielstätte ums Eck kommen. Das ist etwas ganz Besonderes. In der kommenden Spielzeit gilt es nun, ein Programm zu gestalten, dass unsere Abonnent*innen abholt und gleichzeitig neues Publikum anspricht. Dafür haben wir uns z. B. mit jungen Regieteams zusammengetan und kooperieren mit dem Bronski & Grünberg Theater, die in der Stadt unheimlich gut vernetzt sind.
Warum ist das Volkstheater in den Bezirken wichtig, wo sehen Sie Ihre Aufgabe?
Die Aufgabe lautet kulturelle Nahversorgung. Mir ist es wichtig, dass es mehr gibt, als die großen Repräsentations-Kästen innerhalb des Rings – so sehr ich sie selbst liebe und schätze, für die großen Theater-Abende, den Event-Charakter. Es muss aber nicht immer die ganz große Bühne sein. Auch auf einer kleinen Bühne kann mit einfachen Mitteln – oder mit fast keinen Mitteln – Theaterzauber entstehen. Und diesen Zauber so vielen Menschen so niedrigschwellig wie möglich zugänglich zu machen, das ist das Ziel, das ich mir gemeinsam mit meinem Team zur Aufgabe gemacht habe.
Sie touren durch „fast ganz Wien“. Welche Gegend fehlt?
Wir gehen dorthin, wo es sonst weniger Theaterangebote gibt. Das sind in der Regel die zweistelligen Bezirke. Sie finden uns also nicht im 3. oder im 5. Bezirk. Dafür aber z. B. im 22. in der Kulturgarage Seestadt oder im 21. in der VHS Großjedlersdorf.
Wissen Sie schon, welches Stück unter Ihnen als erstes Premiere feiern wird?
Wir starten dieses Jahr sogar mit zwei Premieren hintereinander! Zum Jubiläum gibt es erstmals ein Kinderstück, und zwar „Der kleine Prinz“. Erst unlängst habe ich mit der jungen Regisseurin Johanna Mitulla zusammen gegessen. Sie hat sich schon ganz tolle Sachen ausgedacht und ich freue mich auf die kleinen und großen Leute, die sich das Stück ansehen werden. Als erstes Abendstück der Saison haben wir ebenfalls einen Klassiker ausgesucht, nämlich „Frankenstein“. Aber keine Sorge, wenn es ein bisschen schaurig wird! Vor allem wird es ein Abend mit viel Musik und einer berührenden Geschichte.
Was war das letzte Konzert, auf dem Sie waren?
Mit meinem Mann zusammen war ich bei „Danger Dan“ im Volkstheater. Die Karten hingen über zwei Jahre an unserem Kühlschrank. Die Vorfreude war also groß, aber das Warten hat sich gelohnt. Herrlich war das!