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Freitag, April 19, 2024

Die zweite Heimkehr des berühmten Hasen

Eine Stadt. Ein Buch.
Heuer werden ab 11. November 100.000 Exemplare von Edmund de Waals Bestseller „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ verteilt. Helmut Schneider hat den in London lebenden Künstler & Autor interviewt.

Edmund de Waal, 1964 in Nottingham geboren, war längst ein weltbekannter Keramikkünstler und Professor in London, als er von seinem Groß-onkel Iggy in Tokio 264 japanische Netsukefiguren erbte und plötzlich mit seiner Familiengeschichte konfrontiert wurde, die ihn auch -wieder nach Wien brachte. De Waal ist ein Nachfahre der berühmten Ephrussis, die im Wien um 1900 an Reichtum den Rothschilds um nicht viel nachstanden. Das Palais Ephrussi gegenüber der Universität am Ring war bis zur Enteignung durch die Nazis das Stammhaus der Bankerfamilie. Wie durch ein Wunder waren die kleinen japanischen Netsukefiguren aus Elfenbein oder Holz – Tierfiguren wie eben der Hase mit den Bernsteinaugen, aber auch Menschenfigürchen – der Plünderung entgangen. De Waal -recherchierte vier Jahre lang anhand der abenteuerlichen Reise dieser Netsuke – von Japan nach Paris, dann nach Wien und wieder retour – und somit auch des Hasen mit den Bernsteinaugen die Geschichte seiner Urahnen. De Waals Mühe hat sich freilich gelohnt.
„Der Hase mit den Bernsteinaugen“ wurde 2010 zu einem internationalen Bestseller und Edmund de Waal ist seither auch ein gefragter Autor. 2018 übergab Edmund de Waal
den größten Teil seiner Netsuke-Sammlung dem Jüdischen Museum als Dauerleihgabe. Und im Vorjahr wurde Edmunds Vater Victor de Waal österreichischer Staatsbürger – ein Herzenswunsch des Vertriebenen.

vormagazin: Wann waren Sie das erste Mal in Wien und wie haben Sie sich damals gefühlt?

Edmund de Waal: Das war vor 25 Jahren. Ich habe die Stadt nicht verstanden, war sogar ängstlich und irgendwie fremd. Das war ja lange bevor ich begonnen hatte, „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ zu schreiben. Ich kannte einige Geschichten meines Großonkels Iggy in Japan und von meiner Großmutter, aber mein Vater wollte überhaupt nicht über seine Kindheit sprechen. Kurz: Wien war damals für mich ein schwieriger und komplizierter Ort. 

Sie haben alle Ihre -Netsuke dem Jüdischen Museum in Wien vermacht. Warum?

Wir haben in der Familie beschlossen, unser ganzes Archiv – also -Papiere, Fotografien und Briefe – an das Jüdische Museum zu geben. Die Netsuke sind eine 10-jährige Leihgabe. Der Grund ist sehr einfach: Diese Figuren können sehr kraftvoll eine Geschichte über eine jüdische Familie in Wien erzählen. Ich liebe sie sehr und habe sie auch gerne bei mir, aber ich dachte, während der nächsten zehn Jahre könnten sie hier in Wien ihre Geschichten erzählen, was sie sicher wundervoll tun werden. Es ist also ein Statement.

Ihr Vater hat die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen. Warum war ihm das so wichtig?

Er sagte sehr deutlich, dass er das für seinen Großvater tut, der als Flüchtling staatenlos starb, weil man ihm die österreichische Staatsbürgerschaft weggenommen hatte. Interessant ist, dass jetzt meine Brüder und auch ich um die Staatsbürgerschaft angesucht haben. Ich möchte Teil von Österreich sein – und zwar nicht nur symbolisch, sondern ich möchte wirklich mit diesem Land verbunden sein. Deshalb bedeutet mir auch die Einladung zu „Eine Stadt. Ein Buch.“ sehr viel.

„Der Hase mit den Bernsteinaugen“ war ein internationaler Hit. War das Buch in deutschsprachigen Ländern am erfolgreichsten?

Ja, tatsächlich – ist das nicht außergewöhnlich? Einer der unglaublichsten Momente in meinem Leben war, als ich 2010 anlässlich der Veröffentlichung des Buches eine Rede in Wien im Palais Ephrussi halten durfte. 


INFO: einestadteinbuch.at

Eine Stadt. Ein Buch.
Seit 2002 wird einmal im Jahr ein eigens hergestelltes Buch in einer Auflage von 100.000 Exemplaren gedruckt und in ganz Wien gratis verteilt. Wo Sie das Buch ab 12. November 2021 in der Früh überall GRATIS abholen können, erfahren Sie rund um Ende Oktober HIER.

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