21.4 C
Wien
Freitag, März 29, 2024

Kaffee als Botschafter der Leidenschaft

Empathie und Achtsamkeit erfährt man, wenn man Reinhold Schärf begegnet. Geld ist dem Wirtschaftstreibenden nicht wirklich wichtig. Er sieht es als Tausch- und Handelsgegenstand. Viel mehr bedeuten ihm die Dreiecksbeziehung von Körper-Seele- Geist und Wertschätzung.

vormagazin: Ihr Unternehmen blickt auf eine 60-jährige Geschichte zurück …

Reinhold Schärf: Das ist eine sehr schöne Geschichte einer Familiendynastie, die im Burgenland beheimatet ist. Das Unternehmen wurde von meinem Vater gegründet und wuchs als Familienbetrieb mit meinen sieben Geschwistern und mir, bis ich 1998 das Management des Unternehmens übernommen habe. Mein Vater war in seinem Bereich ein Pionier und hat als erster Österreicher Kaffeemaschinen entwickelt, gebaut und auch gehandelt. Die Kaffeemaschinenentwicklung ist bis heute in Wiener Neustadt zu Hause. Seit Ende des letzten Jahres hat mein Sohn einen Teil der Firma übernommen.

Wie positioniert sich Schärf heute?

Wir sind mit Sicherheit ein sehr starkes Entwicklungs- und Knowhow- Unternehmen. Außerdem empfinden wir uns als Botschafter des Kaffees und versuchen, Trends zu setzen. Wir wollen „klein, aber fein“ bleiben, aber natürlich schon international vertreten und durchaus tüchtig und innovativ sein.

Warum der Standort Burgenland?

Ursprünglich war der Neubau des Firmensitzes für Hamburg angedacht. Wir wollten dort einen Themenpark und ein Schulungszentrum in der Speicherstadt aufziehen. Durch Zufall habe ich an einem Sonntag jemanden von der Burgenländischen Landesregierung kennengelernt. Der Mann war von unseren Plänen so begeistert, dass er meinte, wir sollten das doch unbedingt im Burgenland machen. Es gab viel, was dafür sprach: Ost-Erweiterung, Flughafennähe und Förderungsgebiete. Ich meinte, ich müsste darüber nachdenken, und als dann aber schon am nächsten Tag der Landeshauptmann bei mir angerufen hat, um das Projekt zu besprechen, hatte ich ein so gutes Gefühl, dass ich mich für den Standort im Burgenland entschieden habe. Es war eine gute Entscheidung.

Kann man in einem Familienbetrieb Berufliches und Privates trennen?

Wir haben einen großen Familiensinn, aber Privates und Geschäftliches trennen wir nicht. Was ich damit meine: Der Respekt, die Anerkennung und die Wertschätzung zum Menschen sind im Privaten gleich angesiedelt wie im Geschäftlichen. So kommt es, dass wir durch das Geschäftliche Freundschaften schließen oder durch Freundschaften Geschäftliches. Wenn man einmal verstanden hat, dass das Leben im Beruflichen genauso schön wie im Privaten sein kann, dann erfährt man eine große innere Ruhe.

Ihr Verhältnis zu Ihrem Sohn?

Ich muss ehrlich sagen, mir reichen die Stunden nicht aus, in denen ich meinen Sohn sehen kann. Ich würde ihn lieber noch mehr sehen. Ich denke, das sieht er ähnlich. Allerdings: Er weiß, was er will, und ich weiß auch, was ich will. Wir gehen mit Respekt miteinander um und es ist normal, dass wir Dinge anders sehen. Auch die Beziehung zu meinem Vater war immer voller Respekt. Er war mein Mentor, aber wir haben uns nie gemessen. Und genauso ist es auch mit meinem Sohn.

Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?

Ich musste schon mit 19 Jahren Geschäftsführer werden, was überraschend kam. Vom ersten Tag an hat mir mein Vater anerzogen, zeitig in der Früh aufzustehen. Das halte ich bis heute so. Und dann arbeite ich mit Leidenschaft bis in die Nacht hinein. Wobei ich sagen muss, ich definiere es nicht als Arbeit. Aber nicht, weil ich jetzt damit besonders beeindrucken will, sondern es macht mir einfach nichts aus. Es kann auch sein, dass ich dazwischen mal Tennis spielen gehe und dann gehe ich wieder arbeiten. Auch in meinem Kalender ist geschäftlich und privat eines, und für meine Kinder habe ich immer Zeit gehabt.

Wie steht es derzeit um das Produkt Kaffee?

Es ist das zweitwichtigste Welthandelsprodukt. Das heißt auch, es wird im Moment sehr viel Show und Klamauk betrieben. Mir würde der Respekt gegenüber dem Produkt in seiner Urform mehr bedeuten als das, was man momentan damit vermarktet – nur weil man ein Etikett drauf klebt, hat man die Welt gerettet –, so leicht ist es wohl nicht. Ich bin auch kein Freund davon, dass man aus dem Kaffeekochen so eine Wissenschaft macht. Am Ende des Tages geht es um Qualität. Und das wird auch in Zukunft so sein.

Mit wem würden Sie gern auf einen Kaffee gehen?

Mit jedem Menschen, mit dem es wert ist, ein tieferes Gespräch zu führen. Da sind wir alle gleich, da gibt es für mich keinen Unterschied

 

Latest Posts

Anzeige

Für den vormagazin-Newsletter anmelden – Bleib mit uns in Bewegung

Neueste Beiträge