Bild: ©Stefan Burghart
Robert Palfrader überrascht zum einen mit seinem ersten Roman, zum anderen mit seinem Volksopern-Debüt (ab 27. März).
Von Andrea Buday
„Ein paar Leben später“, titelt Robert Palfraders Debütroman über die Familiengeschichte seines Vaters aus dem ladinischen Teil Südtirols. Der 55-jährige Wiener verwebt Realität und Fantasie, wenn er die abenteuerlichen Erlebnisse mehrerer Generationen beschreibt: von einer gottesfürchtigen Urgroßmutter über einen cleveren wie geltungssüchtigen Urgroßvater bis zum recht schmächtigen, glücklosen Opa, der nach Argentinien auswandert und letztendlich zurückkehrt, um den Hof zu übernehmen. Gleichzeitig erfährt man viel über das karge Leben der Ladiner. Ein kleines, rätoromanisches Volk mit eigener Sprache, das in den Dolomiten lebt. Palfrader, der derzeit auch für eine Netflix-Serie vor der Kamera steht, probt bereits – gemeinsam mit Ruth Brauer-Kvam – für „Ein bisschen trallalala“, eine Hommage an Fritzi Massary und Max Pallenberg (Premiere ist am 27. März in der Volksoper).
vormagazin:
Sie haben u. a. bereits Drehbücher geschrieben. Ein Roman ist doch noch einmal etwas anderes, oder?
Robert Palfrader:
Ja, eine gänzlich neue Erfahrung. Auch die Herangehensweise ist eine völlig andere. Meine Frau hat mich zum Glück überzeugt, dass ich vor Ort, also in St. Vigil in Südtirol, recherchiere. Und das war sehr wichtig, weil ich etliche Facetten von Geschichten gehört habe, die ich dann einbaute oder eben nicht. Der Großteil der Geschichten ist erfunden, dennoch sind wahre Begebenheiten eingeflochten.
Haben Sie einige Ihrer Vorfahren kennengelernt?
Meine Großmutter und auch meine Urgroßmutter. Ich war 17, als meine Urgroßmutter starb, im 101. Lebensjahr. Meine Großmutter wurde 98. Die Frauen in unserer Familie werden alt, die Männer nicht. Die Männer sind irgendwie Muster ohne Wert (schmunzelt).
Sie erzählen viel über die Ladiner, eine Minderheit von rund 35.000 Menschen. Sprechen Sie ladinisch?
Als Kind habe ich viel verstanden, jetzt weniger. Ich kann mich unterhalten, allerdings nicht abendfüllend. Das Problem ist, dass es von Tal zu Tal andere Dialekte gibt, die sich gewaltig unterscheiden.
Das Cover hat eine besondere Bedeutung, oder?
Ja, eine sehr große! Das Foto wurde vor vielen Jahren in Südfrankreich von einem Freund meines Vaters gemacht. Der Fotograf hieß Robert und war sein bester Freund. Wahrscheinlich mit ein Grund, warum ich genauso heiße. Und dieser elegant ins Wasser springende Herr war mein Vater.
Sie schreiben u. a. auch über Tultres bzw. Tirteln …
Tirteln sagen die Deutsch-Tiroler, die Speise heißt jedoch Tultres, die ich übrigens sehr gern esse. Apropos: Meine Urgroßmutter, die auch alle Deutsch-Südtiroler immer Bayern nannte, sagte stets: „A Ladiner, der’s bis 40 net schnalzen g’hört hat, der bleibt dumm wia a Bayer.“ Also, wer bis 40 nicht vernünftig und sesshaft geworden ist, bleibt dumm (lacht).
Wie sieht St. Vigil heute aus?
St. Vigil hat extrem vom Wintertourismus profitiert. Ein sensationelles Skigebiet. Meine Tochter hat dort in zwei Tagen Skifahren gelernt. Und im Sommer kann man herrlich wandern.
Sie sind jetzt 55. Probleme damit?
Überhaupt nicht! Ich freue mich wahnsinnig darauf. Älterwerden ist ein Geschenk und, sollte es mir vergönnt sein, kann es mir nicht schnell genug gehen, Großvater zu werden. Ich finde diesen Gedanken großartig!
Wie würden Sie Ihre Lesegewohnheiten beschreiben?
Seit meiner Jugend fresse ich quasi Bücher. Alles, was mir unter die Finger kommt, lese ich. Bei meinem Sohn trägt mein Bemühen jetzt langsam Früchte, bei meiner Tochter bin ich noch nicht so weit. Obwohl ich ihnen regelmäßig vorgelesen und den Figuren sogar verschiedene Stimmen gegeben habe.
Welche Eigenschaften Ihrer Vorfahren stecken denn in Ihnen – eigensinnig, stur oder abenteuerlustig?
Das Unternehmertum ist uns in die Wiege gelegt. Ich habe kaum einen Verwandten, der nicht selbständig ist. Eigensinnig und stur klingen so negativ, ich bin eher zielstrebig und diskussionsfreudig, um es euphemistisch auszudrücken (schmunzelt).
Gar nicht streitlustig?
Nein! Ich bin ein harmoniesüchtiger Mensch, ich versuche sofort zu vermitteln und begegne den Menschen mit Respekt und Freundlichkeit. Das Leben ist viel zu kurz, um dies nicht zu tun. Aber wenn ich Unrecht zu erkennen glaube, dann sage ich es. Darum mache ich auch seit vielen Jahren mit den Kollegen Florian Scheuba und Thomas Maurer politische Satire.
Ein paar Leben später
Robert Palfrader
Ueberreuter Carl Verlag
160 Seiten
€ 22,95