Na, jedem das Seine!“, fasst Erich Kucera seine Verwunderung zusammen. Der Straßenbahnfahrer hat an diesem Donnerstagnachmittag gerade seinen Dienst auf der Linie 40 angetreten, an der Eckpergasse ist Christoph Gerster zugestiegen. Ganz nach Plan, den der 16-Jährige in einer Klarsichtfolie in der Hand hält. Seit Betriebsbeginn um halb fünf ist er pausenlos öffentlich unterwegs, geschlafen hat er vorher zwei Stunden. Gerster will einen Rekord aufstellen: In insgesamt fünf Tagen wird er das gesamte, 1.130 Kilometer lange Streckennetz der Wiener Linien abgefahren haben. Für die Planung habe er die halben Semesterferien geopfert, sagt er, „aber es hat sich gelohnt“. Aufgewachsen ist Gerster in Stadl-Paura, einer 5.000-Einwohner- Gemeinde bei Wels. Der öffentliche Stadtverkehr beschränkt sich auf drei Buslinien, das nächste Straßenbahnsystem findet sich in Linz. Gerster haben es aber vor allem die U-Bahnen angetan. Seit seinem elften Lebensjahr komme er im Zwei- Monats-Rhythmus zu Verwandten nach Wien, in seiner Klasse gelte der Gymnasiast längst als Experte für die Hauptstadt und ihre Öffi-Angebote. Den Ferienfahrplan habe er natürlich einberechnet, die letzte Nacht von Freitag auf Samstag werde er durchmachen. Einige Tage später erzählt Gerster: „Danach habe ich 17 Stunden durchgeschlafen.“