Es ist Juni und die Stadt blüht wieder richtig auf. International färben sich Fahnen, Marken-Logos – und hoffentlich bald auch Fußball Stadien – in Regenbogen Farben. Der internationale „Pride-Month“ Juni gibt zum Anlass, alle Menschen und ihre Sexualität unabhängig von traditionellen Konventionen zu feiern. Die Bewegung ist bedingungslos inklusiv und ein Fest der Akzeptanz. Die alljährliche Wiener Regenbogenparade, veranstaltet von der Vienna Pride, zieht sich als Mega-Event mit zig-tausenden tanzenden Besuchern und lauten Boom-Boxen über den Ring der Wiener Innenstadt. Umso schöner ist es, dass die Regenbogenparade auch heuer wieder stattfinden konnte.
Ich bin seit Jahren treue Besucherin der Regenbogenparade. Für die Rechte von LGBTQI+ Personen (Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer, Intersex und weitere) auf die Straße zu gehen finde ich richtig und notwendig. Es ist immer wieder schön zu sehen, das Wiener*Innen einen Raum schaffen, indem alle Menschen ihre Sexualität selbstbewusst nach außen Tragen können. Hier wird Sexualität sichtbar gemacht und es zeigt sich, wie divers sie ist.
Vielleicht sind es die Nachwirkungen des letzten Jahres im Lockdown und des Social Distancing, wahrscheinlicher aber die momentan drückende Hitze… „36 Grad und es wird noch heißer…“ hat für mich mittlerweile den Witz verloren und ich kann nicht mehr so euphorisch mitsingen wie noch vor einem Monat. So gern ich auch würde – keine Chance, dass ich mich heute den feierwütigen Massen am Ring anschließe. Die Hitze steigt mir zu Kopf und ich beschließe: Ich geh jetzt schwimmen!
Badesachen gepackt, los gehts. Bei der U1 Station am Stephansplatz tummeln sich Leute. Wie viele andere muss ich einen Umweg fahren, weil der Verkehr in der Innenstadt aufgrund der Demonstration gesperrt ist. Ein guter Grund, finde ich. Neben mir am Bahnsteig stehen zwei junge Mädchen. Sie kommen aus Kärnten und sind für die Regenbogenparade nach Wien gekommen. Schweißtropfen sammeln sich unter meiner FFP2-Maske. Erwartungsvoll blicke ich auf die Anzeigetafel der U-Bahn. „Mit etwas Glück steht da jetzt 1 Minute…“ denke ich. Stattdessen steht auf der Anzeigetafel in grün-flimmernden Buchstaben „Kein Platz für Diskriminierung“. Noch besser! Kurz darauf fährt die uBahn ein.
Mein Wagon ist gesteckt voll und ich merke schnell, dass nicht alle Pride-Gänger gerade am Ring unterwegs sind. Der Wagon ist voller bunter Gesichter und aufwändiger Outfits. Das opulente Augen Make-Up einer Gruppe Drag Queens wirkt im Kontrast zu ihren FFP2-Masken noch intensiver. Es sind aber nicht nur die Fahrgäste in extravaganter Bekleidung, die gerade die Pride feiern. Auch eher unscheinbare Gestalten tragen Regenbogenfarben im Gesicht oder haben eine Regenbogenfahne hinten am Rucksack stecken.
Die Stimmung ist ausgelassen und es wird – ganz Wien untypisch – viel getratscht und gelacht. Überall schnappe ich Gesprächsfetzen auf: „Warst du vorher auch dabei als…“, „Ich fand, die beste Musik war am FM4 Wagen…“, „Hast du gehört, als die XY eine Rede auf der Bühne gehalten hat? Ich kenne die ja von früher…“. Bei der Station Schwedenplatz fängt eine kleine Gruppe an „Dancing Queen“ von ABBA zu singen. Schnell geht der Song als Welle durch den ganzen Wagon. Vereinzelt fangen Paare an zu tanzen und schnell macht die Mehrheit mit. Die zwei Kärtnerinnen vom Bahnsteig drehen sich im Kreis und küssen sich verliebt.
Das sind Eindrücke, die ich auch bei dieser Affen-Hitze nicht missen wollte. Ich konnte die Regenbogenparade also trotz Hitze – wortwörtlich – in vollen Zügen genießen. Und jetzt ganz schnell ab ins kühle Nass!