Lukas Bärfuss „Die Krume Brot“.
Der 1972 in der Schweiz geborene Autor und Theatermacher Lukas Bärfuss ist bei uns weniger bekannt, in Deutschland aber – dank Büchner-Preis und vielen Theaterprojekten – ein Star. Er gilt als scharfer Sozialkritiker und sein neuer Roman „Die Krume Brot“ handelt auch von einer Frau, die für ein bescheidenes Leben hart kämpfen muss. Und das in der von Wohlstand geprägten Schweiz. Wir sind in den 70er-Jahren, viele Italiener arbeiten – ohne sozial halbwegs abgesichert zu sein – in Zürich. Adeline hat zwar auch eine italienische Herkunft – die Familiengeschichte ihrer Großeltern und Eltern wird breit erzählt –, sie wächst aber schon in der Schweiz auf – ihr Vater hinterlässt ihr allerdings nur Schulden, die sie aus Stolz auch noch übernimmt. Als Schweizerin wird sie von den Hiesigen aber trotzdem nie anerkannt. Dazu kommen eine sehr dürftige Schulbildung und die Unvorsichtigkeiten der Jugend – sie heiratet aus Liebe einen italienischen Arbeiter und bekommt eine Tochter als der schon wieder in den Süden Italiens abgetaucht ist. Für Adeline spricht ihr Fleiß und ihr starker Wille, sich und das Kind mit harter Arbeit in der Fabrik durchzubringen. Als sie dann einen Schweizer Grafiker und Unternehmer kennenlernt, scheint sich – obwohl sie ihn nicht liebt – das Blatt zu wenden. Doch natürlich stellt sich auch dieser als Schuft heraus, der eigentlich nur an dem Kind interessiert war. Adeline gerät in ihrer Verzweiflung über das von ihm entführte Kind sogar in die Nähe von Aktivisten der berüchtigten Brigate Rosse, deren Kampf sie als Deklassierte natürlich nachvollziehen kann. Sie lässt sich als Botin missbrauchen – im Gegenzug soll sie ihr Kind wiederbekommen. Das Ende scheint vorgezeichnet, Hoffnung spendet Bärfuss nicht. Aber hat Adeline überhaupt ein Recht auf ihr Kind, wenn sie ihm keine Zukunft bieten kann? Das muss sie sich als Mutter fragen.
„Die Krume Brot“ ist ein gut lesbarer Roman zu einem Thema, vor dem sich bekanntlich viele Autoren drücken. Bärfuss kenn das Milieu aber genau, er hat Erfahrungen als Arbeiter und war in seiner Jugend sogar mehrfach obdachlos. In einem Interview erklärte er: „Ich weiß, was es heißt, arm zu sein.“ Ein Buch, das nachdenklich machen sollte.
Lukas Bärfuss: Die Krume Brot
Rowohlt
224 Seiten
€ 23,50