Helmut Schneiders Buchtipp: Hubert Mingarellis „Ein Notizbuch“.
Hubert Mingarelli ist bei uns weitgehend unbekannt. Der 1956 geborene und 2020 verstorbene französische Schriftsteller gewann mit seinen wirklich außergewöhnlichen Büchern zwar viele Preise, einen Bestseller hat er aber nicht hinterlassen, zumal nur vier Romane Zeit seines Lebens erschienen. Sein Thema war der einfache Mann, der im Krieg zu überleben versucht. Als 17jähriger war er selbst zur Marine gegangen und wurde dabei auch Zeuge der letzten französischen Atomtests. Dass er schließlich noch nicht sehr alt an Krebs verstarb, könnte man damit natürlich in Zusammenhang bringen.
PREISGEKRÖNT
Der Roman „Ein Notizbuch“ erschien 2004 unter dem Titel „Quatre soldats“ und gewann den renommierten Prix Médicis. Der deutsche ars vivendi verlag bringt Mingarellis Werk jetzt in sehr ansprechenden Ausgaben heraus. Mingarelli erzählt in „Ein Notizbuch“ wie vier durch Zufall zusammengewürfelte Soldaten den russischen Bürgerkrieg 1919 erleben.
Die meiste Zeit über gibt es keine direkten Kriegshandlungen. Sie marschieren endlos dahin und müssen dann einen ganzen langen Winter auf weitere Befehle warten. Also bauen sie sich einen Unterstand und vertreiben sich die Zeit mit Würfelspiel und Neckereien. Jeder einzelne hat seine Stärken und Schwächen und sie wissen, dass sie aufeinander angewiesen sind und gemeinsam mehr Chancen haben, aus dem Schlamassel herauszukommen. Durch die lange Zeit fast friedliche Situation lässt sich die Sinnlosigkeit des Krieges noch stärker erfahren. Und die ungekünstelte Sprache dieses Romans entfaltet eine maximale Wirkung. Wer ein Buch dieses Autors gelesen hat, möchte sofort mit seinen anderen Werken weitermachen.
Den letzten Buchtipp verpasst? Hier entlang!
Hubert Mingarelli: Ein Notizbuch
Aus dem Französischen von Elmar Tannert
Ars vivendi verlag
174 Seiten
€ 18,90
ISBN: 978-3-7472-0318-7