Andrea Roedigs Mutterbuch „Man kann den Müttern nicht trauen“ handelt von einem zerplatzten Aufstiegstraum.
Zerplatzter Aufstiegstraum
Die Geschichte von Andrea Roedigs Mutter Lilo aus Düsseldorf beginnt wie das Versprechen vom sozialen Aufstieg in der Wiederaufbauzeit. Die von der eigenen, kriegstraumatisierten Mutter nicht geliebte und oft geschlagene Lilo heiratet in eine alte Dynastie aus Metzgern und wird Frau Chefin. Man kann sich vieles viel früher leisten als andere, macht teure Urlaube und der Vater fährt Porsche. Doch der Traum vom Wohlstand platzt jäh, beide Eltern sind längst Alkoholiker, Lilo nimmt zudem „Mother’s little helper“ und wird medikamentenabhängig. Die kleine Andrea und ihr kleinerer Bruder Christoph müssen nach dem Konkurs der Metzgerei, der auch durch das Aufkommen der Supermärkte verursacht wird, sogar bei Schulkameraden um Essen betteln. Am Ende wird die Familie getrennt, Andrea wächst bei der Großmutter und im Internat auf, sieht Lilo jahrelang nicht – ihr Verhältnis zueinander ist vergiftet.
Andrea Roedigs „Man kann den Müttern nicht trauen“ schont keine Beteiligten, auch die Erzählerin selbst nicht. Auch von Schuldzuweisungen ist das sehr flüssig und intelligent erzählte Buch frei. Im Grunde geht es in dieser Geschichte weniger um den sozialen Abstieg als vielmehr um soziale Kälte. Lilo liebt schöne Dinge und ist auch bereit, dafür viel zu arbeiten, ihre Tochter bleibt ihr aber ein Leben lang fremd. 2015 ist Lilo verstorben. Andrea Roedig wurde schließlich als Publizistin und Autorin erfolgreich, seit 2007 lebt sie in Wien, wo sie auch die Literaturzeitschrift „Wespennest“ herausgibt. Am 20. Mai wird sie um 20 Uhr beim Festival RUND UM DIE BURG im Landtmann Bel Etage aus „Man kann den Müttern nicht trauen“ lesen.
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Andrea Roedig, Man kann den Müttern nicht trauen
dtv
ISBN: 978-3-423-29013-5
240 Seiten
€ 20,95