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Freitag, April 26, 2024

Fake lass nach!

Tagespresse-Gründer Fritz Jergitsch beleuchtet in seinem neuen Buch die Macht von Facebook & Co kritisch. Ein Gespräch über Politik und Algorithmen.

„Die Geister, die ich teilte“ heißen die Betrachtungen von Fritz Jergitsch über soziale Medien. Der Betreiber des Online-Satiremagazins „Die Tagespresse“ weiß, wovon er spricht, denn sein Geschäft ist schließlich die Verbreitung von Fake News. Allerdings macht er dies wie jede gute Satire zum Zweck der Demaskierung der Mächtigen oder um Missstände aufzuzeigen. Wie leicht man heute zu Schlagzeilen kommt, bewies Jergitsch mit einer gefakten Meldung, dass Frank Stronach wieder als Bundespräsident antreten werde. Mehrere Medien fielen darauf rein.

Ihr neues Buch ist gar nicht lustig gemeint. Was war Ihr Antrieb dazu?

Fritz Jergitsch: Ich arbeite jetzt seit 8 Jahren auf sozialen Medien und verfolge jeden Tag die Algorithmen. Ich habe das Buch geschrieben, weil viele Menschen nicht begreifen, dass wenn sie auf Facebook oder Twitter gehen, sie nur das sehen, was ein Algorithmus für sie ausgesucht hat. Dieser Mechanismus übt einen großen Effekt auf unsere Gesellschaft und unsere Demokratie aus. Das haben Machthaber wie Putin und Trump vorgeführt.  

Cambridge Analytica ist inzwischen berüchtigt. Gab es Konsequenzen?

In den vergangenen 5 Jahren hat man schon registriert, was es für Folgen hat, wenn man Macht von unseren eigenen Medien ins Silicon Valley verlagert. Sichtbar wurde das bei der Sperre von Trump auf Facebook und Twitter. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, aber wir sind uns alle einig, dass es keine wünschenswerte Situation ist, wenn Manager entscheiden, dass einem Politiker sein wichtigstes Sprachrohr verboten wird. 

Facebook & Co sind kommerziell ausgerichtete kapitalistische Firmen – wie soll man denen verbieten, dass sie sich nach ihren Gewinnen orientieren?

Die Politik kann ein Marktversagen regulieren – das gab es schon – etwa durch Anti-Trust-Gesetze. Meiner Meinung nach stellt der Einsatz von Algorithmen ein solches Marktversagen dar. Die EU will sie jetzt einmal zwingen, ihre Algorithmen offenzulegen. 

Aber Boulevardmedien arbeiten ja auch mit reißerischen Aufmachern. Was ist der Unterschied?

Natürlich wollen Boulevardmedien auch unterhalten, aber sie kontrollieren ja immer, was sie drucken. Wenn eine Falschmeldung die Redaktion erreicht, kann das die Chefredaktion prüfen. Soziale Medien überprüfen ihre Inhalte aber kaum – ganz einfach weil sie die Kapazitäten nicht haben. Facebook hat gerade einmal 15.000 Online-Moderatoren – laut einer Studie finden sie etwa 1 Prozent der Fake News.


Fritz Jergitsch – Die Geister, die ich teilte
Wie soziale Medien unsere Freiheit bedrohen.
Residenz Verlag
224 Seiten
€ 22,–
ISBN: 9783701735334

dietagespresse.com

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