©Carina Antl
Im Mai erschien an dieser Stelle eine Kolumne, die sich dem Aberglauben im Schauspielberuf – besonders auf Theaterbühnen – widmete. „Am Theater spu(c)kt’s“, so der Titel, kam erfreulich gut an: Das Echo reichte von Zuschriften interessierter Leser*innen, die gerne mehr G’schichtln aus der Bühnenwelt erfahren wollten, bis zu Sprachnachrichten lieber Schauspielkolleg*innen, die noch so manch Ergänzung auf Lager hatten. Und als selbst ein alter Freund, der als Idealbesetzung in der Rolle des Kunst- und Kulturmuffels brilliert, bei jenem Blick hinter die Kulissen amüsiert gluckste, kam mir die Idee, einen Teil 2 nachzuschießen. Machen’s ja beim Film auch dauernd.
Aber keine Sorge, wir belassen’s bei einer Fortsetzung: Aufgewärmt ist meist nur a Gulasch gut und schließlich samma ned bei „Fast & Furious“. Furios reagieren viele Theatermenschen, wenn auf das am Premierenabend gewünschte „toi, toi, toi“ mit „Danke!“ geantwortet wird. Wir erinnern uns: uiuiui, Kardinalsfehler! Doch nicht überall auf der Welt beglückwünscht man einander hinter der Bühne in derselben Manier: So sagt man in Italien „In bocca al lupo“ (übersetzt „Im Maul des Wolfes“), in französischen Garderoben wiederum „Merde“, ist das Haus rappelvoll, dann sogar „Grosse merde“. Damit wünscht man eventueller Konkurrenz im Ensemble allerdings nicht eine beschissene Vorstellung: Der Spruch rührt aus dem 19. Jahrhundert, als das Publikum mit Pferdekutschen zum Theater kam. Je mehr Rossäpfel auf der Straße vor der Spielstätte den Boden zierten, desto besser war das Stück besucht.
„Break a leg!“, zischelt man sich am Premierenabend in englischsprachigen Theatern zu und wünscht damit den Schauspieler*innen „Hals- und Beinbruch“. Ballett und Tanzkompanien verzichten (aus nachvollziehbaren Gründen) auf diese Phrase. Angeblich geht „Break a leg!“ auf die Elisabethanische Zeit (manche behaupten auf das antike Griechenland) zurück. Damals schlug das Publikum seine Stühle auf den Boden statt zu applaudieren. Waren die Zuschauer richtig begeistert, konnte schon mal ein Stuhlbein brechen. Doch nicht nur der Premierenabend hat seine Rituale, auch die Generalprobe ist tricky. So darf das Publikum nach der Generalprobe nicht klatschen und die Schauspieler*innen sich nicht verbeugen – das bringt Unglück. Ebenso ist es Brauch, das letzte Wort des Stücks erst zur Premiere laut auszusprechen. An diesem Theatergesetz scheiden sich jedoch selbst innerhalb der Branche die Geister.
Apropos: An jedem ordentlichen Haus wohnen Theatergeister, die für ihre Produktionen selbstverständlich auch proben müssen. Dies tun sie nächtens, nach der regulären Vorstellung. Ganz wichtig dabei: das „Ghost Light“, ein schwaches Licht, das über Nacht brennen bleiben muss, damit sich die Theatergeister (und auch die Bühnentechniker) bei der Arbeit nicht dersteß’n.
Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky