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Donnerstag, November 21, 2024

Am Theater spu(c)kt’s – Barbara Kaudelka über teuflische Traditionen

©Carina Antl

Am Theater treffen einander Mystik und Moderne. Gemeint sind nicht etwa Regiekarambolagen, die im Kleide zeitgenössischer Inszenierung zwanzig Nackerte vom Schnürboden hängen lassen (und niemand weiß so recht, zarwos). Die Rede ist vom Aberglauben, der seinen Ausdruck in kleinen Regeln findet, die zu beherzigen auf und hinter der Bühne ungeschriebenes Schauspielgesetz ist. So ist es verpönt, on stage zu pfeifen, das bringt Unglück. Die Wurzel jener Regel ist eine recht weltliche: Früher wurden Theater mit Gasleuchten betrieben. Ein Pfeifen signalisierte ein Gasleck und somit Brandgefahr. Zur Premiere wünschen sich Ensemble und Team nie „Viel Glück“, sondern „Toi, toi, toi“ – aber nur, wenn man schon im Kostüm steckt. Wir „spucken“ einander drei Mal über die linke (!) Schulter, dort hockt der Teufel, auf den auch das verknappte „Toi“ rekurriert. Und bloß nicht „Danke“ sagen! Die korrekte Antwort lautet „Wird schon schiefgehen“. Wers versemmelt, muss dreimal ums Theater laufen. Minuten bevor der Vorhang aufgeht a bissl ungünstig, daher reichts auch, sich um die eigene Achse zu drehen und auf Holz zu klopfen. Ist kein Holz zur Hand, tuts auch der eigene (Holz-)Kopf.

Derlei scheinbar aus der Zeit Gefallenes wird liebevoll von Generation zu Generation weitergegeben, als wärs eine Locke vom Haupte Shakespeares persönlich. Apropos: Der gute Will hat in Sachen Aberglauben den größten Bock der Theatergeschichte geschossen! Auf einem seiner beliebtesten Stücke liegt der Legende nach ein Fluch, der gefürchteter ist als jeder Texthänger. Jener unglückswurmige Klassiker ist „Macbeth“ und da fangts schon an: Der Name dieses Werks darf in einem Theater nicht ausgesprochen werden, weshalb es unter Theatermenschen auch „The Scottish Play“ genannt wird. Quasi der Lord Voldemort unter den Bühnenstücken. Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Inszenierungen vom Unglück heimgesucht – schon die Uraufführung 1611, als der Knabe, der Lady Macbeth spielte, plötzlich tot in der Garderobe lag und Shakespeare himself einspringen musste. Seit damals kam es zu mysteriösen Todesfällen in Ensembles (1942 sogar drei in einer Produktion), fatalen Unfällen bis hin zum „Astor Place Riot“ am New Yorker Broadway anno 1849, als zwischen Fans zweier konkurrierender Schauspieler so heftig die Fäuste flogen, dass die Nationalgarde anrücken musste. Man munkelt, schuld am Damoklesschwert sei der Maestro selbst, hatte er den drei Hexen in der ersten Szene des Stücks angeblich echte Beschwörungsformeln in den Mund geschrieben. Die Londoner Real-Life-Hexen soll das so erzürnt haben, dass sie diese Copyright-Verletzung mit einem blutrünstigen Fluch rächten. 

Merke: Spielst du gerade am Theater, erzähle niemandem in der Pause, dass deine Traumrolle Lady Macb… öha … fast …


Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky

Barbara Kaudelka ist Schauspielerin, Tonstudiosprecherin, Medienmensch und vormagazin-Kolumnistin.
Bild: ©Michael Taborsky

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